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Dirk Meyer

EURO-Krise. Austritt als Lösung?

Berlin: Lit 2012 (Wirtschaft aktuell); IX, 125 S.; brosch., 19,90 €; ISBN 978-3-643-11775-5
Die Währungsunion ist gescheitert, so lautet die eindeutige Ausgangsdiagnose des Autors. Alle Transfers seien nicht geeignet, die immer größer werdenden finanziellen Schlaglöcher zu schließen. Ein „langfristiges Dahinsiechen der Wirtschaftskräfte und ein aufkommender politischer Unfriede zwischen den Völkern Europas“ (1) seien als Folgen zu erwarten. Eine Neuordnung der Währungsunion sei deshalb unabdingbar. Dirk Meyer selbst versteht seine Studie deshalb als Plan B, den er den als „alternativlos“ dargestellten Rettungsmaßnahmen der Politik entgegenstellen will. Nach einem extrem verknappten historischen Abriss liefert Meyer die „normative Begründung“ (4) für sein Szenario. Erstaunlich ist dabei immer wieder, wie geschichts‑ und demokratievergessen Ökonomen argumentieren können, wenn z. B. „extrem“ kurze Zeithorizonte „unserer parlamentarisch‑demokratischen Strukturen“ als „genereller Defekt“ (4) bezeichnet werden. Sieht man einmal von der stark rationalistischen und neoklassischen Argumentation ab, so verweist Meyer immer wieder auf richtige Punkte, wenn er etwa auf den Wandel des Stabilitätsbegriffs im Zuge der Krise verweist. Von der Preisstabilität habe sich dieser hin zu einem neuen Verständnis der Eurozonen‑Stabilität entwickelt. Damit gehe eine Inkaufnahme von Inflation und Rechtsbruch wie im Falle der Nichteinhaltung der No‑Bail‑out‑Klausel einher. Dass Meyer als letztlich weitgehend erfolgloser Klageführer im Verfassungsgerichtsverfahren gegen die Griechenlandhilfen und den EFSF‑Vertrag gleich von einem „Verlust des Rechtsstaates“ (8) spricht, ist eine dieser diversen Überzeichnungen, die das eigentliche Grundanliegen dieses Buches konterkarieren. Meyer skizziert seinen Plan B in zwei Szenarien, für die er als Ausgangspunkt die „Überforderungshypothese“ (27) und die „Frustrationshypothese“ (33) formuliert. Im ersten Fall träte Griechenland aus der Währungsunion aufgrund einer Überforderung mit den nicht erreichbaren EU‑, IWF‑ und Troika‑Vorgaben aus der EU aus. Im zweiten Szenario würde Deutschland aus Frustration über einen möglichen Währungsverfall sowie den generellen Verzicht auf das Ziel der Preisniveaustabilität aus der Union austreten. Meyer skizziert für beide Austrittsvarianten die rechtlichen und praktischen Probleme, die im Zuge einer möglichen Realisierung zu gewärtigen wären. Es liegt auf der Hand, dass er dabei einen Austritt Griechenlands präferiert. Dass „in kurzer Frist“ Portugal „und gegebenenfalls auch Spanien folgen“ (105) könnten, dürfte sich als Fehleinschätzung erweisen. Denn dies dürfte die Union als Ganzes kaum überstehen, wie jüngere und empirisch deutlich belastbarere Studien zeigen.
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 3.5 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Dirk Meyer: EURO-Krise. Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35761-euro-krise_43347, veröffentlicht am 07.03.2013. Buch-Nr.: 43347 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken