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Ismail Ermagan

EU-Skeptizismus in der Türkei. Die Haltungen der türkischen Parteien – CHP, MHP und AKP

Online-Publikation 2011 (http://www.db-thueringen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-23696/ermagan.pdf); 388 S.
Diss. phil. Erfurt; Begutachtung: B. Schäbler, U. Steinbach. – Zwar führt die EU seit 2005 Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, doch die Frage der Mitgliedschaft des Landes ist auf beiden Seiten umstritten. Ismail Ermagan verfolgt das Ziel, den in der Türkei vorhandenen Skeptizismus gegenüber der Europäischen Union zu erklären und konzentriert sich dabei auf die drei derzeit stärksten Parteien im Parlament: die islamisch-konservativ-demokratische AKP, die kemalistisch-sozialdemokratische CHP und die türkisch-nationalistische MHP. Der Autor untersucht u. a., welche EU-skeptischen bzw. -gegnerischen Argumente die Parteien vertreten und welche Rolle die Europäische Union im Hinblick auf den türkischen Skeptizismus ihr gegenüber spielt. Ermagan gelangt zu folgenden Ergebnissen: 1. Von einer prinzipiellen Gegnerschaft der Bevölkerung und der Politik zur EU-Mitgliedschaft kann nicht die Rede sein, sondern eher von einem „schwankenden“ (306) EU-Skeptizismus. Es finden sich sowohl EU-befürwortende als auch -skeptische bzw. -gegnerische Tendenzen und Thesen. Laut Ermagan zählen die Kemalisten eher zu den Kritikern. Obwohl die Europäisierung ein wichtiges Ziel des Kemalismus seit der Gründung der türkischen Republik ist, erweist er sich aufgrund seines nationalistischen Charakters als ein Hindernis auf dem Wege in die EU. Der Autor erläutert, warum die CHP, die in ihrer Geschichte in Bezug auf die türkischen Modernisierungsschritte eine Verfechterin der Westausrichtung war, zu einer EU-Skeptikerin geworden ist. Auch nationalistische Linke sind anti-europäisch eingestellt, sie begreifen das EU-Projekt und die mögliche Mitgliedschaft der Türkei als eine Form des Imperialismus. 2. Es besteht ein Zusammenhang zwischen EU-Skeptizismus und der Haltung der EU: Die Uneinigkeit der EU-Mitgliedstaaten bezüglich des Beitritts hat in der türkischen Gesellschaft eine „Frustration“ (317) ausgelöst. Da im Land die Tendenz besteht, negative Entwicklungen zu verallgemeinern, hält Ermagan es für gut, wenn die EU der Türkei „sachlich demonstrieren“ würde, dass es „nicht eine Last, sondern ein Gewinn für die EU“ (318) wäre. Die Beziehung zwischen beiden Partnern sollte insgesamt nicht als eine „einseitige Liebe“ der Türkei beurteilt werden, sondern als eine „‚Angstbeziehung‘: Obwohl die vorhandenen gegenseitigen Ängste immer neue Ängste produzieren, die die EU-Integration der Türkei verlangsamen oder womöglich verhindern, indem sie die skeptischen Neigungen auf beiden Seiten aktivieren, verbinden sie auch miteinander“ (326).
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.63 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Ismail Ermagan: EU-Skeptizismus in der Türkei. 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35461-eu-skeptizismus-in-der-tuerkei_42743, veröffentlicht am 31.01.2013. Buch-Nr.: 42743 Rezension drucken