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Detlef Brandes / Edita Ivanicková / Jirí Pesek (Hrsg.)

Erzwungene Trennung. Vertreibungen und Aussiedlungen in und aus der Tschechoslowakei 1938-1947 im Vergleich mit Polen, Ungarn und Jugoslawien

Essen: Klartext 1999 (Veröffentlichungen der Deutsch-Tschechischen und Deutsch-Slowakischen Historikerkommission 8/Veröffentlichungen zur Kultur und Geschichte im östlichen Europa 15); 336 S.; brosch., 21,47 €; ISBN 3-88474-803-3
Anders als bei der deutsch-polnischen Aussöhnung war das deutsch-tschechische Verhältnis durch die Vertreibung beziehungsweise Zwangsaussiedlung der Deutschen aus der Tschechoslowakei belastet. In der Öffentlichkeit wurde es oftmals von den Vertriebenenverbänden und Politikern überwiegend aus Bayern zu einem umstrittenen Thema gemacht. Dabei macht die Erforschung dieses Themas der Zeitgeschichte seit dem Zusammenbruch des realsozialistischen Systems große Fortschritte. Vertreibung und Aussiedlung, deren Ursachen eindeutig in der NS-Herrschaft liegen, waren der Gegenstand einer Konferenz der Deutsch-Tschechischen und Deutsch-Slowakischen Historikerkommission im Oktober 1997 in Bratislava. Die vorliegenden Referate des Treffens sind von recht unterschiedlicher Qualität. Sie behandeln die von den Nationalsozialisten erzwungenen und geplanten Deportationen, die Haltung der alliierten Großmächte und die Leiden der Betroffenen. Sehr präzise wird die Frage der Vertreibungsopfer recherchiert. Ohnehin war dies längst notwendig, denn durch den bislang fahrlässigen Umgang mit den unterschiedlichen Opferzahlen in der Wissenschaft wurden Ressentiments geschürt. Wie Vergleiche mit Ungarn, Polen und Jugoslawien zeigen, handelt es sich bei der Vertreibung aus der Tschechoslowakei nicht um einen isolierten Vorgang. Damals hielten nicht nur die Exilregierungen und Widerstandsbewegungen, sondern auch die alliierten Großmächte die erzwungene nationale Homogenisierung für ein legitimes Mittel, um das Wiederaufleben separatistischer Bewegungen in Ostmittel- und Südosteuropa zu verhindern. Inhalt: Jan Gebhart: Migrationsbewegungen der tschechischen Bevölkerung in den Jahren 1938-1939. Forschungsstand und offene Fragen (13-24); Jaroslava Milotová: Die NS-Pläne zur Lösung der "tschechischen Frage" (25-37); Alena Mísková: Rassenforschung und Oststudien an der Deutschen (Karls-)Universität in Prag (39-53); Volker Zimmermann: Der "Reichsgau Sudetenland" im letzten Kriegsjahr (55-72); Václav Kural: Tschechen, Deutsche und die sudetendeutsche Frage während des Zweiten Weltkrieges (73-99); Detlef Brandes: Benes, Jaksch und die Vertreibung / Aussiedlung der Deutschen (101-110); L'ubomír Lipták: Die deutsche und die ungarische Minderheit in der slowakischen Politik und Widerstandsbewegung (111-122); Tomás Stanek: 1945 - Das Jahr der Verfolgung. Zur Problematik der außergerichtlichen Nachkriegsverfolgungen in den böhmischen Ländern (123-152); Rüdiger Overmans: "Amtlich und wissenschaftlich erarbeitet". Zur Diskussion über die Verluste während Flucht und Vertreibung der Deutschen aus der CSR (153-181); Maria Rhode: Der Wechsel des nationalen Bekenntnisses in der Tschechoslowakei 1930-1950 und seine Bedeutung für die Zahl der sudetendeutschen Vertreibungsopfer (183-199); Vladimír Kaiser: Das Kriegsende und die Vertreibung der Deutschen aus dem Aussiger Gebiet (201-217); Milan Skrivánek: Tschechisch-deutsche Beziehungen auf dem Gebiet des heutigen Bezirks Zwittau in den Jahren 1918 bis 1946. Methodische Probleme und Forschungsergebnisse (219-234); Dusan Kovác: Die "Aussiedlung" der Deutschen aus der Slowakei (235-240); Jan Pesek: Die Deutschen in der Slowakei nach Beendigung der kollektiven Abschiebung (241-244); László Szarka: Die Frage der Aussiedlung der Ungarn aus der Slowakei auf der Pariser Friedenskonferenz 1946 (245-254); Stefan Sutaj: Zwangsaustausch bzw. Aussiedlung der Ungarn aus der Slowakei - Pläne und Wirklichkeit (255-272); György Gyarmati: Aussiedlung der Deutschen aus Ungarn 1945-1947 (273-277); Piotr Madajczyk: Der Transfer der deutschen Bevölkerung aus dem Oppelner Schlesien nach 1945 (279-293); Marina Cattaruzza: Der "Istrische Exodus": Fragen der Interpretation (295-322).
Wilhelm Johann Siemers (SIE)
Dipl.-Politologe, Journalist, Redakteur der Sprachlernzeitschrift vitamin de, Florenz.
Rubrizierung: 2.62 | 2.35 | 2.312 Empfohlene Zitierweise: Wilhelm Johann Siemers, Rezension zu: Detlef Brandes / Edita Ivanicková / Jirí Pesek (Hrsg.): Erzwungene Trennung. Essen: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/12280-erzwungene-trennung_14669, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 14669 Rezension drucken