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Chantal Munsch

Engagement und Diversity. Der Kontext von Dominanz und sozialer Ungleichheit am Beispiel Migration

Weinheim/München: Juventa Verlag 2010 (Übergangs- und Bewältigungsforschung); 224 S.; brosch., 24,- €; ISBN 978-3-7799-1931-5
Erziehungswiss. Habilitationsschrift TU Dresden; Gutachter: L. Böhnisch. – Die in der politischen Öffentlichkeit permanent eingeforderte Integration kultureller und sozialer Minderheiten scheitere nicht zuletzt an einer in klassischen Beteiligungsformen selbst begründeten Reproduktion sozialer Ungleichheit und der mangelnden Reflexion von Ausgrenzungsprozessen. Munsch verfolgt das Ziel der „Dekonstruktion und Neuordnung der Perspektive auf soziales und politisches Engagement“ (11). Am Beispiel ethnischer Minderheiten wird ein diversitätsreflexiver Partizipationsbegriff normativ begründet und empirisch verankert. Migranten kommen „nicht in erster Linie als Objekte (oder Subjekte) pädagogischen Bemühens“ der Dominanzkultur in den Blick: „Nicht ihre Defizite oder ihr Unterstützungsbedarf stehen im Vordergrund, sondern vielmehr die gesellschaftlichen Mechanismen, die Zugänge zu Engagement eröffnen oder verwehren“ (13). Anhand der Auswertung biografischer und ethnografischer Fallstudien verdeutlicht die Autorin die ausgrenzende Wirkung formeller Partizipationsformen im Kontext liberaler, korporatistischer und staatszentrierter Inkorporationsregime. In deren Analyse zeigt sich insbesondere die Auflösung der konstruierten Trennung von öffentlicher und privater Sphäre. Die Bandbreite der dokumentierten Beteiligungskulturen reicht dabei von Solidaritätsnetzwerken eingewanderter Hausmädchen in Spanien, der Selbstorganisation von Migranten in Moscheegemeinden, spanischen Elternvereinen oder kommunistischen Gruppen in Deutschland, über Protestformen der „black movement“ in Großbritannien, subkulturelle Jugendbewegungen der Rapper-Szene bis hin zu den „grands frères“ und „grandes soeurs“ in französischen Vorstädten, die häufig als junge Vermittler zwischen Einwandererfamilien, Schulen und kommunalen Akteuren agieren. Engagement „existiert nicht losgelöst von Lebenslagen, Biographien und Kulturen“ (11). Munsch entfaltet drei analytische Zugänge zur Kontextualisierung eines mehrdimensionalen Engagementbegriffs: die „systemische Passung“ (70), die „lebensweltliche Passung“ (132) sowie das „Engagement im Kontext mehrfacher Zugehörigkeiten“ jenseits der Alternative zwischen „Assimilation und Segregation“ (171 f.). Der Band liefert in beeindruckender theoretischer Klarheit und mitunter fesselnder empirischer Anschaulichkeit einen wichtigen Beitrag zur interdisziplinären Partizipationsforschung, der ebenso als Studienbuch für die Ausbildung von Lehrenden in der politischen Bildung und Sozialpädagogen auf großes Interesse stoßen sollte.
Andreas Eis (AE)
Jun.-Prof. Dr., Didaktik des politischen Unterrichts und der politischen Bildung, Institut für Sozialwissenschaften Oldenburg, Fakultät I.
Rubrizierung: 2.22 | 2.331 | 2.35 | 2.23 | 4.42 Empfohlene Zitierweise: Andreas Eis, Rezension zu: Chantal Munsch: Engagement und Diversity. Weinheim/München: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32255-engagement-und-diversity_38491, veröffentlicht am 08.12.2010. Buch-Nr.: 38491 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken