
Elektronische Petitionssysteme. Analysen zur Modernisierung des parlamentarischen Petitionswesens in Deutschland und Europa
Der Deutsche Bundestag hat im Jahr 2005 das elektronische Petitionssystem eingeführt und damit die Veröffentlichung, Mitzeichnung und Diskussion von Petitionen ermöglicht. Dieser Prozess wurde vom Büro für Technikfolgenabschätzung bis ins Jahr 2007 wissenschaftlich begleitet (siehe die Rezension des Abschlussberichts unter Buch‑ID 37067). Mit dieser zweiten Studie werden die Entwicklungen in Deutschland seit 2007 dargestellt sowie die Modernisierungstendenzen in Europa aufgezeigt. Einen Schwerpunkt bildet die Modernisierung des Petitionswesens in Großbritannien und insbesondere die Erfahrungen des schottischen Parlaments, das weltweit erstmalig ein E‑Petitionssystem eingeführt hatte und bei der Einführung in Deutschland als Vorbild diente. Insgesamt stellen die Autoren für die EU‑Staaten sowie für Norwegen und die Schweiz eine „bemerkenswerte Dynamik“ (22) des Petitionswesens fest, das jeweils durch nationale Besonderheiten geprägt und europaweit recht uneinheitlich ausgestaltet ist. Die Entwicklungen in Deutschland zeigen, dass die Nutzung der E‑Petitionen gut angenommen wird, das Internet aber lediglich das herkömmliche Verfahren verdrängt, also keinen generellen Zuwachsfaktor darstellt. Im Vergleich zu 2007 sei eine Verjüngung in der Beteiligtenstruktur erkennbar und die „Dominanz der Männer“ (63) habe weiter zugenommen. Insgesamt bestätigen die Befunde die These, dass durch den Einsatz des Internets auf dem Gebiet der politischen Partizipation „sozial Privilegierte und politisch überdurchschnittlich Engagierte in ihrem Engagement weiter gefördert werden“ (68), während sozial Benachteiligte und politisch weniger aktive Menschen nicht erreicht werden. In ihrem Fazit kommen die Autoren zu keiner eindeutigen Einschätzung: „Es bleibt höchst spannend, ob ein altes Bürgerrecht […], das seine Wurzeln u. a. in absolutistischen und diktatorischen Regimes hat, […] seine politische Bedeutung erhalten, vielleicht sogar in neuem Gewand ausbauen kann. Das Wechselspiel zwischen technischer und institutioneller Modernisierung ist mit den Öffentlichen Petitionen erst eröffnet worden; wie es endet, ist noch kaum absehbar.“ (260)