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Hans Jörg Schrötter

Einwanderungspolitik in Deutschland. Wegducken, Wegschauen, Einknicken?

Köln: Lingen Verlag 2014 (Edition Lingen Stiftung); 304 S.; 9,95 €; ISBN 978-3-942453-94-3
Die Deutschen würden zur Minderheit im eigenen Land. Ihre „auf eine über tausendjährige Tradition und Geschichte zurückblickende Kulturgemeinschaft“ (108) würde bedroht durch „kulturelle Nivellierung“ (109). „Immer wieder hat Zuwanderung im Stadium kulturellen Abschwungs eine Rolle gespielt.“ (296) Dass multikulturelle Gesellschaften scheiterten, sehe man an Jugoslawien oder dem Völkermord in Ruanda. Der Autor kritisiert daher die deutsche Einwanderungspolitik – vor allem kritisiert er aber Einwanderung und Einwanderer. Schrötter unterscheidet dabei: Die blonde, sehr charmante Litauerin Loreta gehe pflichtbewusst zur Elternversammlung ihrer Kita, treffe dort aber auf eine Mehrheit von Türkinnen, „unter Kopftüchern verborgen“ (172), die angeblich dafür sorgten, dass die Versammlung auf Türkisch abgehalten wird. Schrötter nennt keine Quelle für diese Begebenheit. Andernorts zitiert er ausführlich Statistiken und Zeitungsartikel. Er arrangiert Zahlen, Zitate und Meinungen zu latenten Botschaften. So zählt er auf, in welchen Berliner Stadtteilen „Kinder mit Migrationshintergrund“ (78) schon in der Mehrheit seien, um dann angesichts dieser „erdrückenden Zahlen“ zu fragen, „wie wir eines Tages behandelt werden“ (79), als deutsche Minderheit. Darauf folgt: „Wer sich auf der Welt umschaut und zur Kenntnis nimmt, wie fundamentale Muslime bisweilen mit Nichtmuslimen umgehen, dann könnte sich die Gutmütigkeit der Deutschen, [...] die migrationspolitische Naivität und Planlosigkeit [...] in herber Weise rächen.“ ([sic], 79) Innerhalb von drei Absätzen werden die Kinder mit Migrationshintergrund nicht nur unterschiedslos zu Muslimen gemacht, sondern letztlich mit islamistischen Fundamentalisten gleichgesetzt. Als Beispiel für seine These dient die „Wuppertaler ‚Scharia‑Polizei‘“ (79). Es fehlt auch nicht die Erwähnung der Türken vor den Mauern Wiens, heute drohe die gleiche Gefahr für den Okzident, nur innerhalb der Mauern. Aber Schrötter erwähnt nicht selbst, er lässt erwähnen und macht sich die zitierten Aussagen dann im Kontext zu Eigen. Er behauptet, dass es in Deutschland Mut erfordere, ein „irrationales Political‑Correctness‑Korsett zu sprengen“ (297). Es sei administrative Schönfärberei, dass hier lebende Muslime den deutschen Pass erhalten und so bei Straffälligkeit nicht mehr „als Türken oder Libanesen erfasst“ (201) werden. Die Behauptung, Deutschland brauche Zuwanderung, sei eine „hartnäckige Lebenslüge“ (204) von Politikern wie Heiner Geißler, den er als „Multikulti‑Guru“ (104) und „Volkserzieher“ (163) betitelt.
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Rubrizierung: 2.3432.353.5 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Hans Jörg Schrötter: Einwanderungspolitik in Deutschland. Köln: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38165-einwanderungspolitik-in-deutschland_46501, veröffentlicht am 12.03.2015. Buch-Nr.: 46501 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken