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Redboox Edition (Hrsg.)

Einig – aber nicht einheitlich. 125 Jahre Sozialdemokratische Partei der Schweiz. Une pensée unie - mais pas unique. 125 ans Parti socialiste suisse

Zürich: Limmat Verlag 2013; 500 S.; 58,- €; ISBN 978-3-85791-708-0
„‚Der Weg ist mir alles, das Ziel ist mir nichts‘“ (463), wird der (deutsche) Theoretiker Eduard Bernstein unter dem Stichwort „Sozialdemokratie“ im lexikalischen Kapitel zitiert – gewiss nicht zufällig, wie sich bei der Lektüre dieses umfangreichen und reich illustrierten, zweisprachigen Bandes über die Geschichte und Gegenwart der Sozialdemokratischen Partei (SP) der Schweiz erweist. Kein Ziel zu haben, heißt aber hier nur, keine feste Vorstellung von der Schweiz der Zukunft zu haben. Sehr wohl aber präsentiert sich die Sozialdemokratie als eine politische Bewegung, die auf Überzeugungen basiert – ihre Geschichte sei eine „stete, beharrliche Konfrontation mit Ausschlussmechanismen, Armut, Entrechtung, Diskriminierung, Gewalt an Menschen und Zerstörung der sozialen und natürlichen Umwelt“ (11). Allerdings wird bereits im Vorwort eingeräumt, dass viele Probleme lange als zweitrangig eingestuft und verschoben wurden, die Sinne sich erst entsprechend schärfen mussten (Stichwort Frauenwahlrecht). Das Prozesshafte erweist sich in der chronologisch aufgebauten Darstellung denn auch als das wichtigste Charakteristikum der schweizerischen Sozialdemokratie und der linken Vorläuferbewegungen. Zu dieser langen Geschichte gehören die Aktivitäten des Berufsrevolutionärs Michail Bakunin, etwa bei einem Bauarbeiterstreik 1868, ebenso wie die Zeit Lenins in Bern und Zürich, die Konflikte in der Zwischenkriegszeit zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten angesichts der faschistischen Bedrohung bis hin endlich zur Beteiligung der SP im Bundesrat, also der Regierung, in der sie gemäß der Übereinkunft der Parteien mit zwei Ministern beteiligt ist. Die geschichtliche Darstellung wird ergänzt durch viele Porträts und Beiträge mit thematischen Vertiefungen, etwa zur sozialdemokratischen Atomenergiepolitik – seit dem GAU in Tschernobyl lehnt die Partei die Nutzung der Atomenergie ab. Auf das Kapitel über den „Wendepunkt 1968“ und damit die Modernisierung der Partei folgt ein Themenblock über das „neoliberale Jahrzehnt“ (311 ff.) – und eine Abrechnung damit und überhaupt mit den Schattenseiten der Schweiz (Stichworte Raubgold und Casino‑Kapitalismus). Hervorzuheben sind schließlich auch ein beigelegter Überblick über die Entwicklung der Parteiprogramme und das eingangs erwähnte Lexikon, das durch reflektierte Einträge besticht, so zur Migrationspolitik – „eines der umstrittensten Themen innerhalb der SP“ (446). Der Weg, von dem Bernstein sprach, muss immer noch gefunden werden.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.52.222.264.22 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Redboox Edition (Hrsg.): Einig – aber nicht einheitlich. 125 Jahre Sozialdemokratische Partei der Schweiz. Zürich: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37510-einig--aber-nicht-einheitlich-125-jahre-sozialdemokratische-partei-der-schweiz_44897, veröffentlicht am 11.09.2014. Buch-Nr.: 44897 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken