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Stephanie Weiss

Einheitsstaat im regionalen Umbruch. Die (zivil)gesellschaftlichen Folgen politischer Regionalisierung in der Tschechischen Republik

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2015 (Schriftenreihe des Europäischen Zentrums für Föderalismusforschung Tübingen 44); 170 S.; 34,- €; ISBN 978-3-8487-1632-6
Diss. Erlangen‑Nürnberg; Begutachtung: R. Sturm, H. Pehle. – In Tschechien wurden im Jahr 2000 „vierzehn politische Regionen mit gewählten Regionalvertretungen gegründet“ (14), also eine neue politische Ebene geschaffen – umgesetzt worden sei eine Idee der vormaligen Oppositionellen, die damit nach 1989 die Demokratie so fest wie möglich institutionell hätten verankern wollen. Dieser institutionellen Regionalisierung entsprechend geht Stephanie Weiss von einem neoinstitutionalistischen Ansatz aus der Frage nach, „ob und welcher Form sich über diese politisch‑administrative Struktur hinaus auch eine zivilgesellschaftliche Dimension von Regionalisierung im Einheitsstaat entwickelt“ (14). Als Fallbeispiele hat sie zwei nordböhmische Kreise ausgesucht, der eine wirtschaftlich schwächer aufgestellt, der andere etwas wohlhabender. „Die Auswahl gründete auf der Hypothese, dass sich das sozioökonomische Entwicklungsniveau einer sozialen Gemeinschaft im Grad der zivilgesellschaftlichen Entfaltung niederschlägt.“ (28) Das Untersuchungsdesign wird dann noch weiter eingeschränkt, indem sich Weiss auf „Teilbereiche der Strukturpolitik und der Sozialpolitik“ (33) konzentriert, konkret hat sie die jeweilige Tourismus‑ und die Behindertenpolitik in den Blick genommen. Als Untersuchungsmaterial gibt sie Dokumente und Internetressourcen der regionalen Institutionen und zivilgesellschaftlichen Organisationen an sowie 26 Experteninterviews, die sie geführt hat. Ihre Analyse hat Weiss eher kurz und knapp formuliert, ein unmittelbarer Eindruck vom Geschehen entsteht nicht. Durch den eng definierten Ansatz vermisst man zudem ein Gesamtbild von der gegenwärtigen Situation, zu der auch die Vorgeschichte gehört hätte – zwar geht die Autorin kurz auf die gegensätzlichen Vorstellungen von Zivilgesellschaft ein, die die Präsidenten Václav Havel und Václav Klaus in Politik umzusetzen versuchten. Es fehlt aber der konkrete Blick zurück auf die Zeit vor 1989, mit dem sich (auch personelle Dis‑)Kontinuitäten hätten erkennen lassen können, die zur Erklärung der Unterschiede im zivilgesellschaftlichen Engagement beigetragen hätten. So aber stehen im Fazit nur die Beobachtungen, dass eine sozioökonomisch schwache Region eine aktivere Zivilgesellschaft aufweisen kann als eine reichere Region – womit noch keine Theorie widerlegt sei – sowie dass die optimistische Annahme, die EU‑Strukturpolitik fördere automatisch die Zivilgesellschaft, nicht unbedingt gerechtfertigt sei.
{NW}
Rubrizierung: 2.612.212.222.2622.263 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Stephanie Weiss: Einheitsstaat im regionalen Umbruch. Baden-Baden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39152-einheitsstaat-im-regionalen-umbruch_47493, veröffentlicht am 03.12.2015. Buch-Nr.: 47493 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken