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Rafael Kropiunigg

Eine österreichische Affäre. Der Fall Borodajkewycz

Wien: Czernin Verlag 2015; 119 S.; brosch., 17,90 €; ISBN 978-3-7076-0535-8
Ein Hochschulprofessor fällt mit rechtsextremen Äußerungen auf, darauf folgen Proteste der Studierenden, ein großes Medienecho, gerichtliche Auseinandersetzungen und am Ende gibt es bei einer Straßenschlacht einen Toten. Als eine Affäre mit tragischem Ausgang beschreibt der Autor die Vorkommnisse, „an deren unmittelbarem Ende das erste politische Todesopfer Österreichs nach 1945 stand“ (9). In den 1960er‑Jahren war die österreichische Gesellschaft zum Teil in ihrer faschistischen Vergangenheit verhaftet und noch nicht richtig in der Demokratie angekommen, das offenbarte Rafael Kropiunigg zufolge dieser Skandal um den Hochschulprofessor und Historiker Taras Borodajkewycz. Ausgelöst worden seien die Auseinandersetzungen durch die Notizen des 19‑jährigen Studenten und Antifaschisten Ferdinand Lacina. Dieser habe dokumentiert, dass Borodajkewycz Rosa Luxemburg in seinen Vorlesungen als „,jüd. Suffragettin [und] Massenaufpeitscherin‘“ (17) bezeichnete, vom „,Terror der Sozialdemokraten‘“ und von ihnen als „,Bande von Marodeuren‘“ (25) sprach, deutsche Freikorps dagegen verherrlichte und sich begeistert über eine Hitler‑Rede äußerte. Solches antidemokratische und gestrige Gedankengut sei damals an der Universität keine Seltenheit gewesen. Kropiunigg zeigt (irritierend viel) Verständnis für Borodajkewycz, er fordert dazu auf, ihn „nicht vorschnell zu verurteilen: Er war ein Symptom [, …] eine Art Opfer seiner eigenen Standhaftigkeit und Überzeugungen“ (13), der sich Nachteile eingehandelt habe, weil er sich nicht opportunistisch verhalten habe. Borodajkewycz’ „latent antisemitische Einstellung“ kritisiert der Autor deutlich, gibt aber auch zu bedenken, dass sich der Professor „zumindest ehrlicher als viele seiner Gesinnungsgenossen“ (13) verhalten habe. Der Streit um Borodajkewycz’ Äußerungen habe schließlich zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen antifaschistischen Gegnern und rechtsorientierten Anhängern des Professors und am Ende zu regelrechten Straßenschlachten geführt. Dabei hat ein Mitglied des deutschnationalen Rings Freiheitlicher Studenten den Kommunisten Ernst Kirchweger niedergeschlagen, der später seinen Verletzungen erlag. Der rechtsextreme Täter sei mit einer Strafe von zehn Monaten wegen „Putativnotwehrüberschreitung“ (70) davon gekommen.
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Rubrizierung: 2.42.23 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Rafael Kropiunigg: Eine österreichische Affäre. Wien: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38819-eine-oesterreichische-affaere_47103, veröffentlicht am 03.09.2015. Buch-Nr.: 47103 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken