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Jens Becker (Hrsg.)

Einblicke in das kubanische Gesundheits- und Sozialsystem

Münster: Westfälisches Dampfboot 2015 (Schriftenreihe Hans Böckler Stiftung); 276 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-89691-716-4
Das kubanische Gesundheitssystem genießt einen guten Ruf, lässt aber auch erhebliche Defizite erkennen und ist durchaus umstritten. Der Sammelband gibt einen detaillierten, facettenreichen Einblick in dieses System und nimmt dabei auch Bezug auf den rasanten sozialen und wirtschaftlichen Wandel im Land. So halten Katrin Hansing und Uwe Optenhögel in ihrem Beitrag fest, dass sich die Gesellschaft in den vergangenen Jahrzehnten extrem verändert hat, insbesondere aufgrund einer Reihe von Reformen unter Raúl Castro. Damit gehe eine zunehmende soziale Differenzierung einher (eingesetzt habe diese aber bereits nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der 1990er‑Jahre). Das Autorenduo hält fest, dass der Mythos des ‚tropischen Sozialismus‘ zunehmend verblasse und der Rückhalt des Regimes unter Jugendlichen weitgehend schwinde. Darüber hinaus würden wieder ethnisch‑basierte Ungleichheiten auftreten, was vor allem das Beispiel der Afro‑Kubaner verdeutliche. Als Fallbeispiel der Gesundheitsvorsorge analysiert Pia Müller die Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Im Vergleich zu anderen lateinamerikanischen Ländern ist die Anzahl von Infektionskrankheiten in Kuba oft sehr niedrig. Sie zeigt die verschiedenen Methoden und Strategien im Umgang mit diesen Krankheiten auf und analysiert anschließend die Stärken und Schwächen des Gesundheitssystems. Als zentrale Aspekte arbeitet sie die staatliche Lenkung und Unterstützung, das Modell des Familienarztes sowie Programme für Impfungen (nationaler Impfplan) und einen Schutz vor HIV (nationale und spezielle Screening‑Programme, weitreichende Präventionsmaßnahmen, Betreuung von HIV‑Infizierten) heraus. Auch wenn einige Aspekte von ihr positiv bewertet werden, stellt sich doch heraus, dass das Gesundheitssystem nicht ohne Weiteres auf andere Länder übertragen werden könnte und teilweise unter demokratischen Gesichtspunkten fragwürdig ist. Wie die kubanische Gesellschaft mit Krankheiten umgeht, also die soziale Dimension der Gesundheitspolitik, wird von Scarlett Kleine‑Kampmann am Beispiel des Alkoholkonsums näher betrachtet. Sie erläutert, „dass Kuba im amerikanischen und internationalen Vergleich mit der Prävalenz des Alkoholkonsums sowie des Alkoholismus im mittleren Durchschnitt oder sogar darunter liegt“ (208). Aber auch auf Kuba sei die Tendenz einer Zunahme des riskanteren und schädlicheren Konsums zu erkennen, ebenso steige die Zahl von Alkohol trinkenden Jugendlichen unter 18 Jahren. Als zentrale Therapieansätze arbeitet sie die Prävention, die klinische Versorgung und die Rehabilitation heraus.
{JBU}
Rubrizierung: 2.652.2632.232.25 Empfohlene Zitierweise: Jessica Burmester, Rezension zu: Jens Becker (Hrsg.): Einblicke in das kubanische Gesundheits- und Sozialsystem Münster: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39516-einblicke-in-das-kubanische-gesundheits--und-sozialsystem_48005, veröffentlicht am 10.03.2016. Buch-Nr.: 48005 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken