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Thomas M. Bohn / Victor Shadurski (Hrsg.)

Ein weißer Fleck in Europa ... Die Imagination der Belarus als Kontaktzone zwischen Ost und West

Bielefeld: transcript Verlag 2011 (Histoire 29); 266 S.; 29,80 €; ISBN 978-3-8376-1897-6
Historisch betrachtet verstand man unter der Belarus eine Welt der orthodoxen Bauern und jüdischen Händler, die im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit durch das Großfürstentum Litauen und die Adelsrepublik Polen kulturell am stärksten geprägt wurde. Um über den historischen Ort der heutigen Republik Belarus und die kulturelle Identität ihrer Bewohner nachzudenken sowie mehr über zivilgesellschaftliche Potenziale zu erfahren, trafen sich 2009 in Minsk Publizisten aus Weißrussland und dem deutschsprachigen Raum. Der Band versammelt nun die essayistischen Beiträge, die sich aufgrund zweier Merkmale an ein breites Publikum richten: Zum einen ist die in den Artikeln verwendete Sprache leicht verständlich, zum anderen sind die Beiträge nie mit wissenschaftlichen Theorien oder Modellen überladen. So gelingt es Natallia Savitskaya durch viele Wortbeispiele und die allgemein verständliche Erklärung wissenschaftlicher Fachtermini herauszustellen, dass das Weißrussische eine Sprache ist, die in ihrem lautlichen Aufbau einer fast vollkommenen Ästhetik folgt. Anders als bei anderen slawischen Sprachen besitzen die Worte eine besondere Bedeutungsprägnanz. Allerdings wird die Sprache kaum noch gesprochen. Diese „Sprachlosigkeit“ (36) hat laut Autorin mehrere Ursachen, etwa das schwach ausgeprägte Nationalbewusstsein und eine daraus entwickelte Assimilationsbereitschaft und Sprachentoleranz; auch die lautliche, strukturelle und lexikalische Ähnlichkeit zum Russischen führe dazu, dass aus der offiziellen Zweisprachigkeit des Landes de facto eine Monolingualität werde. Der Artikel von Ingo Petz hebt sich etwas von den anderen Beiträgen ab, da der Autor nicht politische Entwicklungen, den belarussischen Umgang damit oder linguistische Themen diskutiert, sondern von seinen persönlichen Reisen nach Weißrussland berichtet. Über die dort gesammelten Erfahrungen mit den Menschen habe sich ihm das Land langsam und doch unaufhaltsam offenbart, schreibt er fasziniert, habe seine Probleme, aber auch seine Besonderheiten gezeigt. Insgesamt füllt der informative Sammelband den „weißen Fleck in Europa“ mit Farbe.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.62 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Thomas M. Bohn / Victor Shadurski (Hrsg.): Ein weißer Fleck in Europa ... Bielefeld: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34549-ein-weisser-fleck-in-europa-_41498, veröffentlicht am 02.02.2012. Buch-Nr.: 41498 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken