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E pluribus (non) unum. Bilanzen der Obama-Administration

06.03.2018
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Natalie Wohlleben, Dipl.-Politologin

Barack Obama returns to the Oval Office after an hamburger run Chuck Kennedy The White HouseBarack Obama nach einem Einkauf auf dem Rückweg ins Oval Office. Foto: Chuck Kennedy / The White House (Wikimedia Commons)

 

Einst bezog sich der Wahlspruch der Vereinigten Staaten von Amerika E pluribus unum – Aus vielen eines – auf die Bundesstaaten, die sich zusammengeschlossen hatten. Heute lässt er eher an die Menschen verschiedenster Herkunft denken, die zu einem Staatsvolk zusammenfinden. Aber welchen Wert hat diese Maxime noch in einer Zeit, in der die Gesellschaft mehrfach tief gespalten ist, nach politischer Orientierung, Einkommen und Hautfarbe? Barack Obama trat 2009 das Amt des Präsidenten an mit der Absicht, wieder eine positive Antwort zu geben. Auch außenpolitisch sollten neue Maßstäbe gesetzt werden, um das Auftreten der letzten verbliebenen Supermacht an eine neue globale Moderne anzupassen.

Der Frage, ob Obama wie von ihm beabsichtigt „Eine transformative Präsidentschaft“ gelungen ist, wird mit ambivalenten Ergebnissen in einem Sonderheft der Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik (ZfAS) nachgegangen, das in einer Rezension vorgestellt wird. Ebenso wie in dem Band „The Presidency of Barack Obama. A First Historical Assessment“ wird deutlich, dass die geplante Reformpolitik vor allem durch die Fundamentalopposition der Republikanischen Partei behindert wurde. Der vielleicht herausragendste innenpolitische Erfolg dieser Präsidentschaft war dennoch die Reform der Gesundheitspolitik, wie Christian Lammert in seiner Analyse zeigt – die als liberaler Mittelweg umgesetzt werden konnte, obwohl sie als Kulminationspunkt eines viel größeren politischen Streits diente. In „Looking Back on President Barack Obama’s Legacy. Hope and Change“ skizzieren der Politikwissenschaftler Wilbur Rich und die Autor*innen des Bandes die Konturen der Obama-Präsidentschaft, indem sie neben klassischen Themen wie die Außen- oder Wirtschaftspolitik ebenso Bereiche berücksichtigen, die eher selten im Fokus des politikwissenschaftlichen Interesses stehen.

In einer Zusammenstellung von Kurzrezensionen, die im Rahmen der Annotierten Bibliografie für Politikwissenschaft erschienen sind, wird der Fokus auf „Obamas Amerika“ erweitert. Dabei stehen vor allem zwei Themenkomplexe im Mittelpunkt: die Frage, ob mit ihm tatsächlich ein neuer Politik- und Regierungsstil in das Weiße Hause eingezogen ist, sowie die Beobachtung, dass jeglicher Versuch einer Reform zunehmend durch die Polarisierung der Parteienlandschaft behindert wurde. Tiefere Einblicke in die Arbeitsweise der Obama-AdministrationZudem bietet zudem Ben Rhodes, ehemals Redenschreiber und einer der engsten Vertrauten des früheren US-Präsidenten, mit seinem Buch „Im Weißen Haus. Die Jahre mit Barack Obama“ .

Die nach wie vor oft prekäre Stellung der Afroamerikaner*innen steht im Mittelpunkt der Kurzrezensionen, die unter dem Titel „Selbstverständnis versus Wirklichkeit“ zusammengestellt sind. Wohl nicht zufällig fällt in die Amtszeit Obamas ein erneutes Aufbegehren, hier festgemacht an der Graswurzelbewegung Black Lives Matter.

Einen Blick auf eine andere Minderheit hat Stephanie Schütze in ihrem Buch „Transnationale politische Räume“ geworfen – sie zeigt, wie in einer Rezension nachzulesen ist, wie mexikanische Migrantinnen und Migranten sukzessive ihr politisches Engagement grenzübergreifend in Mexiko und den USA entwickelt haben und sich schließlich auch aktiv in den Wahlkampf einschalteten, zugunsten von Obama.

Auch die Außenpolitik der Obama-Administration wird in mehreren Beiträgen auf den Prüfstand gestellt, war der Präsident doch mit dem hohen Anspruch angetreten, auf der Basis rationaler Entscheidungen, multilateral und dabei möglichst konfliktvermeidend den globalen Führungsanspruch der USA umzusetzen. Entlang einer Reihe von Kurzanalysen, die von verschiedenen Thinktanks veröffentlicht wurden, werden diese „Visionen für eine andere Welt“ vorgestellt. An welche Traditionen Obama anknüpfte und welche Brüche er vollzog, wird in dem Buch „The New US Security Agenda“ diskutiert. Dass auf die hohen Erwartungen, die an seine Person und an seine Präsidentschaft geknüpft wurden, in vielen Länder die Enttäuschung darüber folgte, dass viele Ziele aus eigenem oder fremdem Verschulden nicht erreicht wurden, wird in dem Band „The World Views of the Obama Era“ deutlich. Neben Russland und Israel stehen dabei verschiedene afrikanische, arabische und asiatische Länder im Mittelpunkt der Analysen, die sonst häufig in derartigen Studien kaum beachtet werden.

Ergänzend wird anhand von Kurzrezensionen deutlich, dass Obama bei allem Idealismus als ein realistischer Machtpolitiker aufgetreten ist. Am Beispiel der Beziehungen zu Kuba ist abzulesen, dass dieses Vorgehen, stößt es auf ein Entgegenkommen, ein Tor zur Zukunft aufstoßen kann.

War die Außenpolitik dieser Ära insgesamt von einer Obama-Doktrin geleitet? Diese Annahme ist zu verneinen, wie Axel Gablik in seiner Analyse zeigt, der Präsident orientierte sich pragmatisch an der Maxime „Don’t do stupid shit“.

In dem Beitrag „Die USA unter Beobachtung“ sind weiterführende Informationen über die deutsche USA-Forschung sowie über Daten und Quellen zu Geschichte und Gegenwart der Vereinigten Staaten zusammengestellt.

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Anmerkung: Dieser Text wurde urpsrünglich von Natalie Wohlleben verfasst und wird seit Februar 2019 weiter von der Redaktion bearbeitet.

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Aus der Annotierten Bibliografie



Literaturempfehlung

Charles C. Mann
1491: New Revelations of the America Before Columbus
New York und Toronto, Alfred E. Knopf 2006 und 2011
Deutsche Ausgabe unter dem Titel Amerika vor Kolumbus. Die Geschichte eines unentdeckten Kontinents, Reinbek, Rowohlt Verlag 2016,
siehe dazu die Rezension von Harald Eggebrecht, „Vor dem bösen Erwachen“, Süddeutsche Zeitung, 17. Oktober 2016, sowie eine Leseprobe.


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