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Daniel Matthias Timm

Dschihadismus in Pakistan. Geschichte, Entwicklung, Perspektiven

Berlin: Klaus Schwarz Verlag 2013 (Studien zum Modernen Orient 25); 164 S.; 24,80 €; ISBN 978-3-87997-413-9
Daniel Matthias Timm untersucht zunächst die Genese von Politik und Gesellschaft Pakistans unter dem Gesichtspunkt, wie günstig deren Dysfunktionen und Lebenslügen dafür waren, dass ein militanter Islamismus Fuß fassen konnte. Die Islamisierung, die von mehreren Seiten, darunter staatliche Institutionen, betrieben wurde, setzte sich in verschiedenen Bevölkerungsteilen durch. Sie wird zunehmend zum innenpolitischen Problem, da sich gesellschaftspolitische Ordnungsmodelle von religiös Motivierten und die einer wachsenden Mittelklasse unvereinbar gegenüberstehen. In der Annahme, die extremistischen Gruppen ließen sich als strategische Reserve in einem eventuellen Krieg gegen Indien einsetzen, wurden diese jahrelang, wenn auch unterschiedlich intensiv, gefördert. In diesem Prozess und mit abnehmender Fähigkeit des Staates, kontrollierend auf diese Akteure einzuwirken, verselbstständigte sich das extremistische Segment – und radikalisierte sich in einer Wechselbeziehung zu Afghanistan, wo eine durch weltpolitische Konstellationen befeuerte Islamisierung stattfand. Timm zeichnet diesen Verlauf nach und untersucht den gegenwärtigen Versuch verschiedener Gruppen, international zu agieren. Dass sie dazu unterschiedliches Potenzial besitzen, ist leicht nachvollziehbar; dass sie gefährlich sein könnten, auch. Welche inneren Dynamiken, einschließlich der Interaktion mit dem Staat beziehungsweise seinen fragmentierten Diensten, sie allerdings politisch antreiben, welchen strategischen Überlegungen sie folgen und welche materiellen wie ideologischen Aussichten auf eine erfolgreiche Kampagne des internationalisierten Dschihads sie haben, bleibt bedauerlicherweise im Dunkeln. Gern hätte man gewusst, wie sich die Gruppierungen ideologisch reproduzieren, welchen „Appeal“ sie auf verschiedene Bevölkerungsschichten ausüben und inwiefern sich ihr Mangel an politischen Visionen, jenseits der Ablehnung (fast) alles Bestehenden, durch radikale Positionen kompensieren lässt. Ein überschaubares Literaturverzeichnis und das Fehlen eines eigentlichen Arguments hinterlassen die Leser_innen ratlos. Dass die Seitenzahlen nicht mit dem Inhaltsverzeichnis übereinstimmen, ist dabei ein lässliches Ärgernis.
Florian Peter Kühn (KÜ)
Dr., M. P. S., wiss. Mitarbeiter, Institut für Internationale Politik, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg.
Rubrizierung: 2.68 | 2.22 | 2.23 | 2.25 | 4.41 Empfohlene Zitierweise: Florian Peter Kühn, Rezension zu: Daniel Matthias Timm: Dschihadismus in Pakistan. Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36752-dschihadismus-in-pakistan_44597, veröffentlicht am 20.02.2014. Buch-Nr.: 44597 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken