Die Arbeiten von Hannah Arendt und Eric Voegelin zielten auf die politisch‑philosophische Erklärung des Totalitarismus als Phänomen der Moderne. Voegelin deutete in seinen „Politischen Religionen“ diesen als einen den Menschen entgrenzenden Gottesverlust, als Verfallsphänomen durch gnostische Massenbewegungen, das schon mit dem „immanentistischen Sektenwesen“ (49) seit dem Mittelalter begonnen und sich durch Aufklärung, Liberalismus und Positivismus verschärft habe. Arendt hielt demgegenüber einen entgrenzenden Weltverlust durch „Wurzellosigkeit“, Zerfall des Nationalstaats und „Atomisierung der Gesellschaft“ (58) für ursächlich, der die Natur des Menschen als gemeinsam politisch handelnde Existenzen zerstört habe. Mit dem Totalitarismus habe sich daher ein nie dagewesener Bruch der Zivilisation ereignet. Der Band macht diese zwischen beiden in einem Briefwechsel und in der „Review of Politics“ zu Beginn der 1950er‑Jahre auch kurz direkt ausgetragene Kontroverse wieder breiter und in deutscher Übersetzung zugänglich; darüber hinaus sind einige weitere Dokumente und Erläuterungen angefügt. Das ist interessant, nicht nur weil Arendt und Voegelin jenseits des bloß beschreibenden, empirischen Mainstreams der Totalitarismustheorie etwa eines Carl J. Friedrich „echte“ Theorien über den Totalitarismus lieferten. Interessant ist das vor allem, weil in aller Kürze des Disputs auch deutlich wird, wie fundamental verschieden die beiden Theorien sind – und die aus ihnen zu ziehenden Konsequenzen: für Voegelin eine (konservative) Abkehr von der Moderne und Rückbesinnung auf das antike sowie christliche Menschenbild (Platon, Augustinus); für Arendt gerade kein back to the roots, sondern ein (revolutionär‑neues) „Denken ohne Geländer“ jenseits aller Traditionen, die angesichts des Totalitarismus so fundamental versagt hatten.