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Raj Kollmorgen / Frank Thomas Koch / Hans-Liudger Dienel (Hrsg.)

Diskurse der deutschen Einheit. Kritik und Alternativen

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2011; 454 S.; 34,95 €; ISBN 978-3-531-17471-6
Die Herausgeber beanspruchen, mit diesem Sammelband einen neuen, innovativen Zugang zur deutschen Einheit zu eröffnen: Das Thema werde mittels einer sozio-kommunikativen und diskursiven Ausrichtung erschlossen, was als ein interdisziplinärer Beitrag zu verstehen sei. In den Beiträgen gehe es „ – wenn auch mit unterschiedlicher theoretisch-konzeptueller Fundierung und Intensität – um die Frage, wer, warum, mit wem und wie über Ostdeutschland und die deutsche Einheit spricht und kommuniziert, damit Diskurse generiert, formiert und gestaltet.“ (9). Den Begriff Diskurs verstehen die Herausgeber im weitesten Sinne, nämlich als eine zirkuläre Wechselbeziehung zwischen materieller Macht/Herrschaft und Ideen/Wissen. Reale Ereignisse haben dementsprechend Auswirkungen auf Ideen, die diskursiv vermittelt werden. Andersherum entwickeln Gedanken auch eine diskursive Eigendynamik und können so die Realität mitgestalten. Der interdisziplinäre Band ist damit für die Politikwissenschaft durchaus interessant. Vehement wird dazu aufgefordert, die deutsche Einheit nicht nur mithilfe von quantitativen Messungen, Policy-Analysen, parteien- oder akteurszentriert zu fassen, sondern den Untersuchungsgegenstand auszuweiten. Dadurch finden auch eher der Kommunikations-, Sprach-, Literatur- und Medienwissenschaft zuzurechnende Herangehensweisen ihren Platz. Unter diesen Beiträgen sei der von Nölting, Schröder und Marotz zu Bildern und ihren Diskursen gesondert hervorgehoben – mit Bildern meinen sie nicht nur visuelle Darstellungen (beispielsweise tanzende Menschen auf der Mauer), sondern auch Sprachbilder („blühende Landschaften“, „zerrissenes Land“) und bildhafte oder stereotype Vorstellungen („Besserwessis“, „Jammerossis“). Diese Bilder begleiten, ergänzen und prägen Diskurse, beeinflussen die Wahrnehmung und sind deshalb relevant für die Forschung. Nölting, Schröder und Marotz widmen sich damit einer bisher wenig beachteten Dimension, vergessen jedoch nicht, dass ihre Analyse von fünf exemplarisch ausgewählten Bildern „experimentellen Charakter“ (195) besitzt und sie damit wissenschaftliches Neuland betreten.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.35 | 2.315 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Raj Kollmorgen / Frank Thomas Koch / Hans-Liudger Dienel (Hrsg.): Diskurse der deutschen Einheit. Wiesbaden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32950-diskurse-der-deutschen-einheit_39361, veröffentlicht am 21.07.2011. Buch-Nr.: 39361 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken