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Jan L. Backmann (Hrsg.)

Direktwahl der Ministerpräsidenten. Als Kern einer Reform der Landesverfassungen

Berlin: Duncker & Humblot 2006 (Schriftenreihe der Hochschule Speyer 178); 461 S.; 98,80 €; ISBN 978-3-428-12032-1
Verwaltungswiss. Diss. Speyer; Gutachter: H. H. von Arnim. – Seit den 90er-Jahren lassen sich angesichts der Kontroversen zu Politikverdrossenheit, Kommunal- und Föderalismusreform in der Staatslehre verstärkt Forderungen nach einer „Präsidialisierung“ der parlamentarischen Regierungssysteme auf Landesebene beobachten (insbesondere: von Arnim). Der Kernpunkt ist dabei die Einführung der Direktwahl der Ministerpräsidenten bei gleichzeitiger Abschaffung des Misstrauensvotums und optionaler Einführung eines „Recall“ durch Volksentscheid. Backmann zielt mit seiner Arbeit erstmals auf eine umfassende „Systematisierung der Streitpunkte und der zugehörigen Argumente“, um dann von hier aus die Frage „nach dem für die Bundesländer am Besten geeigneten Regierungssystem“ (40 f.) zu klären. Als Befürworter kommt er u. a. zum Ergebnis, dass das Argument der „mangelnden politischen Reife des Volkes überholt“ sei und die Direktwahl „der zunehmenden Politikverdrossenheit“ entgegenwirken könne (411). Aus demokratischer Sicht („Wesentlichkeitstheorie“) rechtfertige sich das auch gerade angesichts der Tatsache, dass im hoch verflochtenen „Exekutivföderalismus“ das Schwergewicht staatlicher Kompetenzen der Länder bei der Regierung – und gar nicht mehr beim direkt legitimierten Parlament – angesiedelt sei. In der Spur der Arnim’schen Kritik an der Parteiendemokratie verspricht sich auch Backmann hiervon mehr „Orientierung der Landespolitik am Gemeinwohl“ (417). Darüber hinaus würde nicht nur eine Revitalisierung der Landtage und der Landespolitik erfolgen, sondern zudem die parteipolitische Verflechtung über den Bundesrat aufgebrochen. Ob dieser relativ einfache Schritt wirklich als „Allheilmittel“ für die komplexen Probleme des politischen Systems taugt, wird wohl weiter umstritten bleiben. Gleichwohl hält es Backmann kaum für realistisch, dass eine solche Reform von den Landtagen angestoßen würde; dies müsste – soweit rechtlich auf Landesebene möglich – durch politische Initiativen des Volkes selbst erfolgen.
Robert Chr. van Ooyen (RVO)
Dr., ORR, Hochschullehrer für Staats- und Gesellschaftswissenschaften, Fachhochschule des Bundes Lübeck; Lehrbeauftragter am OSI der FU Berlin sowie am Masterstudiengang "Politik und Verfassung" der TU Dresden.
Rubrizierung: 2.325 Empfohlene Zitierweise: Robert Chr. van Ooyen, Rezension zu: Jan L. Backmann (Hrsg.): Direktwahl der Ministerpräsidenten. Berlin: 2006, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/26581-direktwahl-der-ministerpraesidenten_30982, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 30982 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken