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Ursula Münch / Eike-Christian Hornig / Uwe Kranenpohl (Hrsg.)

Direkte Demokratie. Analysen im internationalen Vergleich

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Tutzinger Studien zur Politik 7); 279 S.; 54,- €; ISBN 978-3-8329-7916-4
Weltweit kam es in den vergangenen Jahren zum Ausbau direktdemokratischer Verfahren. Und dieser Prozess ist noch längst nicht abgeschlossen, Forderungen nach ‚mehr Demokratie‘ bestehen weiter. Schon 2011 hat die Akademie für Politische Bildung in Tutzing dazu eine Tagung organisiert, die heute – bei der Publikation ihrer Referate – aktueller denn je ist. Entlang der drei politikwissenschaftlichen Analyseebenen (Polity, Policy und Politics) handeln die Autorinnen und Autoren Fragen nach Sinn und Ausgestaltung unmittelbarer Demokratie ab. Frank Decker macht darin einmal mehr auf die „Probleme der systemischen Integration“ (29) von Volksrechten in einem gewaltenverbindenden parlamentarischen System wie dem deutschen aufmerksam. Er sieht eine kaum zu lösende Konkurrenz von parlamentarischem Mehrheits‑ und Volkswillen, es sei denn, man würde das präsidentielle System einführen. Seine Empfehlung für die Bundesebene lautet daher, „auf die Einführung einer (positiven) Gesetzesinitiative nach dem Modell der Länderverfassungen zu verzichten“ (34). Laurent Bernhard und Marc Bühlmann nähern sich dem Thema aus der Perspektive der schwelenden Demokratiekrise und stellen fest, dass mehr Beteiligungsmöglichkeiten vor allem auf der lokalen Ebene ein höheres Wirksamkeitsgefühl und somit auch mehr Vertrauen (in die Demokratie) schaffen: „Direkte Demokratie ist der Einschätzung der eigenen Wirksamkeit und der Responsivität des politischen Systems förderlich“ (96). Eike‑Christian Hornig leistet mit seiner Weiterentwicklung einer funktionalen Theorie direkter Demokratie Grundlagenarbeit und wendet sie auf die Frage an, welchen Effekt direkte Demokratie auf das Parteiensystem hat. Den Abschluss bilden Vergleichsstudien aus anderen Ländern wie Liechtenstein, Ungarn, den USA oder Bolivien. Mit dem lateinamerikanischen Land befasst sich Irene Kögl. Sie untersucht den „dezidiert artikulierten Wunsch nach einer grundlegenden Redefinition des Verständnisses von Partizipation und der Interaktion staatlicher Institutionen mit dem Volk“ (247) und erkennt, dass direktdemokratische Prozesse oft „als Bypass fungieren, um (nicht oder schwer erreichbare) Quoren, […] um Blockaden aufgrund einer gescheiterten Konsensfindung zu umgehen“ (255). Dadurch vertieften sie jedoch bloß die gesellschaftliche Polarisierung. Auf diesen der Demokratie wesentlich zuwiderlaufenden Aspekt wird bei der Einrichtung direktdemokratischer Instrumente in Deutschland und Österreich zu achten sein.
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Rubrizierung: 2.212.612.52.642.652.3252.32 Empfohlene Zitierweise: Tamara Ehs, Rezension zu: Ursula Münch / Eike-Christian Hornig / Uwe Kranenpohl (Hrsg.): Direkte Demokratie. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38394-direkte-demokratie_46840, veröffentlicht am 07.05.2015. Buch-Nr.: 46840 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken