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Martin Hilbert

Digitalisierung demokratischer Prozesse. Gefahren und Chancen der Informations- und Kommunikationstechnologie in der demokratischen Willensbildung der Informationsgesellschaft

Berlin: Duncker & Humblot 2007 (Beiträge zur Politischen Wissenschaft 144); 303 S.; 88,- €; ISBN 978-3-428-12423-7
Rechtswiss. Diss. Erlangen-Nürnberg; Gutachter: K. A. Schachtschneider, W. Reiß. – Keine der viel diskutierten Verheißungen des digitalen Zeitalters für die demokratische Willensbildung hat sich bislang so richtig bewahrheitet. Hilbert führt dies darauf zurück, dass noch keine entsprechenden demokratischen Institutionen und Prozesse entwickelt worden sind. Er will mit seiner Studie die Potenziale und Gefahren einer Digitalisierung demokratischer Prozesse ausloten. Dabei nimmt er an, dass die institutionellen Rahmenbedingungen des jeweiligen Demokratiemodells einen entscheidenden Einfluss ausüben. Er untersucht deshalb die Entwicklung von insgesamt acht verschiedenen Demokratiemodellen unter den Bedingungen einer Digitalisierung: Polis-Demokratie, Cyber-Demokratie, plebiszitäre Führerdemokratie, Big-Brother-Demokratie, ökonomische Demokratie, Knopfdruck-Demokratie, römische Republik und die Matrix-Demokratie. Bei der Polis-Demokratie sieht er so z. B. die Gefahr einer Bildung vieler Teilöffentlichkeiten, weil die Bildung von Gruppen durch digitale Kommunikationstechnologien einfacher werde. Die integrative Kraft von Parteien könne unter diesen Bedingungen abnehmen. Die gleiche Gefahr sieht er auch beim ökonomischen Demokratiemodell. Am intensivsten befasst sich Hilbert allerdings mit der sogenannten Matrix-Demokratie. Darunter versteht er die komplette Digitalisierung des demokratischen Willensbildungsprozesses, wobei der Bürgerwille mittels wertneutraler Software aufgenommen und ein Gemeinwille ohne Zwischenschaltung von Herrschaft- oder Repräsentativorganen gefunden werden soll. Das diktatorische Potenzial einer derartig technikbasierten Willensbildung liegt auf der Hand und wird von Hilbert auch thematisiert. Er hält es jedoch für möglich, Mittelwege zwischen „einer komplett unstrukturierten und verschlungenen Prosarede und einer vordeterminierten Ja/Nein-Abstimmung mit vorformulierter Fragestellung“ (224) zu finden und so die Möglichkeiten einer digital basierten politischen Willensbildung zu nutzen.
Walter Rösch (WR)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.2 | 2.22 | 5.41 Empfohlene Zitierweise: Walter Rösch, Rezension zu: Martin Hilbert: Digitalisierung demokratischer Prozesse. Berlin: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/27901-digitalisierung-demokratischer-prozesse_32780, veröffentlicht am 16.08.2007. Buch-Nr.: 32780 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken