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Theo Sommer

Diese NATO hat ausgedient. Das Bündnis muss europäischer werden

Hamburg: edition Körber-Stiftung 2012 (Standpunkte); 126 S.; brosch., 10,- €; ISBN 978-3-89684-144-5
Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 stellt sich die Frage, welche Rolle die North Atlantic Treaty Organisation (NATO), die als Verteidigungsbündnis des Westens gegen die Sowjetunion gegründet wurde, spielen soll. Sommer, ehemaliger Herausgeber der ZEIT und unter Helmut Schmidt Leiter des Planungsstabes im Bundesministerium für Verteidigung, schaltet sich mit dem Essay in diesen Diskurs ein. Die derzeitige Situation der NATO beschreibt er kritisch. In dem von der NATO selbst eingeleiteten Reformprozess erkennt Sommer kein schlüssiges Konzept, sondern nur „blutleere, verkleisterte Natokratensprache“ (19). Zudem stimmt er Helmut Schmidt zu, wenn dieser die Allianz eine „Riesenkrake von Bürokratie“ (20) nennt. Die NATO müsse also einen anderen Weg einschlagen, wenn sie noch von Bedeutung sein soll. Während andere wie z. B. Helmut Schmidt die NATO abschaffen wollten, sieht Sommer dagegen ihre Zukunft in einer Europäisierung. Das bedeutet für ihn, dass neben dem amerikanischen, bisher dominanten Einfluss die europäischen Staaten als „zweiter Pfeiler“ (115) in der NATO verankert sein sollten, um die Übermacht eines rein militärischen Denkens durch die USA einzuschränken und das Handeln der NATO entscheidend mitzuprägen. Zu diesem Handeln sollten dann vermehrt politisch-diplomatische Mittel gehören. Des Weiteren gelte es der Bürokratisierung der NATO entgegenzuwirken, die richtungsweisenden Entscheidungen sollten daher auf der politischen Ebene getroffen werden. Auch sollte sich die NATO auf ihre Kernkompetenz beschränken, die darin liege, vor äußeren Bedrohungen zu schützen, d. h. die Landesgrenzen zu verteidigen und auch die Abwehr von Cyberattacken zu gewährleisten, auf die die NATO noch nicht ausreichend vorbereitet sei. Hierzu könnte eine Abkehr vom Konsensprinzip stattfinden und, wenn nötig, situativ eine „Koalition der Willigen“ (109) gegründet werden. Wichtig sei zudem, dass die NATO nicht den Fehler begehe, wie er tendenziell von den USA momentan begangen werde, in den Feinden der Vergangenheit auch die Feinde der Zukunft zu sehen, denn dann würde die NATO bedeutungslos und verschwinden. Zusammenfassend handelt es sich um eine luzide formulierte Schilderung der derzeitigen Situation der NATO mit klaren Handlungsvorschlägen, um ihre konstatierte Krise zu beenden.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.3 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Theo Sommer: Diese NATO hat ausgedient. Hamburg: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/21761-diese-nato-hat-ausgedient_42483, veröffentlicht am 23.08.2012. Buch-Nr.: 42483 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken