Skip to main content
Felix Graulich

Die Zusammenarbeit von Generalbundesanwalt und Bundeskriminalamt bei dem Vorgehen gegen den internationalen Terrorismus

Berlin: Duncker & Humblot 2013 (Schriften zum Strafrecht 239); 634 S.; kart., 109,90 €; ISBN 978-3-428-14019-0
Rechtswiss. Diss. Tübingen; Begutachtung: J. Vogel, H.‑J. Kerner. – Felix Graulich untersucht, in welchem Verhältnis Bundeskriminalamt (BKA) und Generalbundesanwalt stehen, „wenn es um das Vorgehen gegen Bedrohungen des internationalen Terrorismus geht. Es stellt sich die Frage, ob diese beiden Behörden nebeneinander agieren, ob sie gleichberechtigt zusammenarbeiten oder in einem bestimmten Über‑ oder Unterordnungsverhältnis zueinander stehen.“ (36) Graulichs Vorgehen ruht auf zwei Säulen: Zum einen prüft er anhand der bestehenden Gesetzeslage, wie die Kooperation der genannten Behörden im Idealfall auszusehen hat. Zudem – und das dürfte nicht zuletzt auch aus politikwissenschaftlicher Perspektive der spannendere Teil der Analyse sein – untersucht er anhand dreier Fälle (die Anschläge vom 11. September 2001, die „Kölner Kofferbomber“ und die „Sauerlandgruppe“), wie sich die Zusammenarbeit konkret ausgestaltet hat, sodass etwaige Abweichungen zur Gesetzesnorm identifizierbar werden. Dabei wird deutlich, dass es in dem hochsensiblen Gebiet der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr im Bereich des Terrorismus immer noch Grauzonen gibt, in denen die von Graulich insgesamt als harmonisch eingestufte Zusammenarbeit von BKA und Generalbundesanwaltschaft behindert und ausgebremst wird. Hier ist im Konkreten der Gesetzgeber gefordert. In der Zusammenschau ergeben sich drei soziopolitische Forderungen: Für Graulich ist statt bloßer Strafverfolgung ein „ganzheitliches Vorgehen“ (557) in der Terrorismusabwehr geboten, das bereits im Zuge der individuellen Sozialisation und Erziehung eine Affinität zu Terrorismus und Gewalt unterbindet. Strafrecht, um das es angesichts von Terroristen als Straftätern nur gehen kann, darf nicht zum Feindstrafrecht umgedeutet werden. Das bedeutet auch für den medialen Diskurs eine stärkere Sensibilität im Sprachgebrauch, um künftig von Formeln wie „Krieg gegen den Terrorismus“ Abstand zu nehmen. Schließlich gilt es – an die Politik, aber auch an die Bürger gerichtet – zu akzeptieren, dass es in hochgradig komplexen und offenen Gesellschaften vollkommene Sicherheit nie geben wird. Das heißt nicht, die Herstellung von Sicherheit zu vernachlässigen, sondern dort wachsam zu sein, wo Grundrechte für Sicherheitsbelange – leichtfertig oder nicht – geopfert werden sollen. Insgesamt, so Graulichs Projektion, wachsen „Repression und Prävention, [...] Strafverfolgung und Strafverhütung, Gefahrenabwehr und Vorbereitung zur Strafverfolgung“ (555) perspektivisch immer stärker zusammen.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.324 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Felix Graulich: Die Zusammenarbeit von Generalbundesanwalt und Bundeskriminalamt bei dem Vorgehen gegen den internationalen Terrorismus Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35967-die-zusammenarbeit-von-generalbundesanwalt-und-bundeskriminalamt-bei-dem-vorgehen-gegen-den-internationalen-terrorismus_43762, veröffentlicht am 17.07.2013. Buch-Nr.: 43762 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken