
Die Zukunft der Europäischen Währungsunion. Kritische Analysen
Anstoß zu diesem Sammelband mit sechs volkswirtschaftlichen Beiträgen gab eine Fachkonferenz im Mai 2011. Der Herausgeber gesteht gleich in seiner Einleitung ein, was für viele Kompilationen zu diesem Thema gilt: Die Frage „nach der Zukunft der Europäischen Währungsunion [...] ist in dem Moment, in dem dieses Buch erscheint, nicht leicht zu beantworten“ (7). Trotzdem gelingt es dem Band mit seinen eher politökonomischen Beiträgen, Aspekte auch jenseits der ausschließlichen Staatsschulden‑Fixierung der reinen Mainstream‑Ökonomie zu beleuchten. Dazu trägt an prominenter Stelle der Beitrag von Arne Heise bei, der das Governance‑System der EU im Bereich der Wirtschaftspolitik vor und nach der Krise analysiert und in seine Einzelteile zerlegt. Dabei geht er dankenswerter Weise auch auf die ideengeschichtliche Entwicklung ein und arbeitet heraus, dass die „marktschaffende ‚negative‘ Integration deutlich weiter vorangekommen“ ist als die „marktkorrigierende ‚positive‘ Integration“ (25). Wie Heike Joebges und Camille Logeay in ihrem Beitrag problematisiert auch Heise die Thematik der Leistungsbilanzungleichgewichte innerhalb der Europäischen Union als eigentlichen Kern der gegenwärtigen Krise. Vor diesem Hintergrund konstatiert er zu Recht, dass die „finanzpolitische ‚Old View‘“, die von einer „simplen Korrelation von Defizit‑ und Schuldenstandsreduktion“ (30) durch Kürzungen von konsumtiven sozialen Ausgaben ausgeht, die EU‑weit „aggregierte Nachfrage unter Druck bringen“ (31) wird. Heise kommt zu dem Ergebnis, dass ein „paradigmatischer Politikwechsel im erweiterten EU‑Governance‑System“ (36) im Zuge der Krise ausgeblieben ist. Karlheinz Ruckriegel problematisiert in seinem Beitrag das Verhalten der EZB während der Finanzkrise und verweist dabei – eindrücklich empirisch untermauert – auf den Umstand, dass der Interbankenhandel bis heute Störungen aufweist. Gleichzeitig gibt er der EZB aufgrund der von ihr forcierten Geldmengenausweitung eine Mitschuld an der Blasenbildung in den Jahren 2000 bis 2008. Aber auch die Uneinigkeit im EZB‑Rat und ‑Direktorium – als Ausdruck eines Widerstreits der gegensätzlichen volkswirtschaftlichen Paradigmen – hätten das Glaubwürdigkeitsproblem der Zentralbank weiter befördert. Damit sei die Bank als Stabilisator und „letzte Instanz“ (66) für die panischen Finanzmärkte nur bedingt vertrauenswürdig gewesen. Joebges und Logeay richten in ihrem ebenfalls sehr lesenswerten Beitrag das Augenmerk auf die Rolle der Bundesrepublik als Mitverursacher der Leistungsbilanzungleichgewichte im Euroraum.