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Sigrid Faath (Hrsg.)

Die Zukunft arabisch-türkischer Beziehungen. Nationales Interesse, nicht Religion als Basis der Kooperation

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2011 (DGAP-Schriften zur Internationalen Politik); 284 S.; brosch., 44,- €; ISBN 978-3-8329-6865-6
Spätestens seit der Ernennung Ahmet Davutoglus zum türkischen Außenminister im Mai 2009 diskutieren Türkei-Experten über den Neuen Osmanismus. Der Begriff bezeichnet die Neuorientierung der türkischen Außenpolitik unter der regierenden religiös-konservativen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) weg von Europa und hin zu den arabischen Ländern. Einige Analysten spekulieren sogar, die Erdogan-Regierung wolle die traditionelle Westbindung der laizistischen und kemalistisch geprägten Türkei lösen, um einen von dem Land angeführten islamischen Block zu formieren. Die Autoren der Beiträge dieses Bandes sind diesbezüglich wesentlich vorsichtiger. Sie untersuchen nicht nur die Ziele der neuen Außenpolitik der AKP, sondern auch die Einstellungen gegenüber der Türkei in den wichtigsten neuen Partnerländern Syrien, Irak, Saudi Arabien, den kleinen Golfstaaten, Ägypten, Libanon und den Maghreb-Staaten, von denen der Erfolg der Stärkung der bilateralen arabisch-türkischen Beziehungen abhängt. Hier zeigt sich, dass die Neuorientierung der Türkei insbesondere im Nahen Osten sehr positiv wahrgenommen wird, wohingegen man am Golf eher skeptisch gegenüber dem Engagement der Regionalmacht eingestellt ist. Entgegen dieser konstruktivistischen Perspektive auf die internationale Politik betonen die Autoren, dass die außenpolitischen Entscheidungen der Türkei und der genannten Staaten auch in Zukunft hauptsächlich von rationalen Nutzenkalkülen geprägt sein werden. Die Konstruktion einer gemeinsamen islamischen Identität, die regionale Differenzen transzendiere, reiche nicht aus, um eine „qualitativ neue Kooperation anzuregen und Kooperationsstrukturen aufzubauen“ (27). Die entscheidende Variable in der Frage nach einer zukünftigen Intensivierung der bilateralen Beziehungen zwischen der Türkei und den arabischen Staaten bleibe das nationale Interesse im Sinne der Aussicht auf einen materiellen Zugewinn an Sicherheit und Wohlstand. Die besondere Stärke des Bandes besteht darin, dass es sich nicht bloß um eine lose Aneinanderreihung von einzelnen Beiträgen zur neuen Außenpolitik der Türkei und ihrer Perzeption handelt. Faaths zusammenfassendes und auswertendes Schlusskapitel kondensiert die wichtigsten Forschungsergebnisse der Beiträge im Hinblick auf die im Einleitungskapitel formulierten Fragestellungen und Thesen. So lässt sich der Sammelband wie eine Monografie lesen.
Marius Hildebrand (HIL)
M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.22 | 2.63 Empfohlene Zitierweise: Marius Hildebrand, Rezension zu: Sigrid Faath (Hrsg.): Die Zukunft arabisch-türkischer Beziehungen. Baden-Baden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34435-die-zukunft-arabisch-tuerkischer-beziehungen_41353, veröffentlicht am 12.01.2012. Buch-Nr.: 41353 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken