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Klaus Jochen Arnold

Die Wehrmacht und die Besatzungspolitik in den besetzten Gebieten der Sowjetunion. Kriegführung und Radikalisierung im "Unternehmen Barbarossa"

Berlin: Duncker & Humblot 2005 (Zeitgeschichtliche Forschungen 23); 579 S.; 48,80 €; ISBN 3-428-11302-0
Diss. Münster; Gutachter: W. Jacobmeyer, H. Rüß. – In einer militärgeschichtlichen Untersuchung zeigt Arnold die Radikalisierung der deutschen Besatzungspolitik nach dem Überfall auf die Sowjetunion. Thematisiert werden die wirtschaftliche Ausbeutung der besetzten Gebiete, die Behandlung der sowjetischen Kriegsgefangenen, die Partisanenbekämpfung und die Beteiligung der Wehrmacht an der Ermordung der jüdischen Bevölkerung. Der Autor stützt sich in erster Linie auf deutsche Kriegstagebücher, Berichte und Befehle. Die Beschränkung auf diese Quellen bringt eine Argumentation mit sich, in der die Sicht der Wehrmacht dominiert. Dies wird gerade bei der Einschätzung, inwieweit die deutschen Truppen freundlich als Befreier vom Stalinismus empfangen wurden, deutlich. Eine Ergänzung durch osteuropäische beziehungsweise russische Quellen wäre sicher sinnvoll gewesen. Auch Zitate wie das von dem „Bemühen, an den Vorgaben des Völkerrechts festzuhalten“ (482) tauchen – angesichts eines insgesamt völkerrechtswidrigen Krieges - ohne tiefere Reflexion auf. Die Darstellung kritischer Stimmen in der Generalität und im Auswärtigen Amt, die keinen wirtschaftlichen Nutzen in einem Krieg gegen die Sowjetunion sahen, erzeugt den insofern ungerechtfertigten Eindruck einer Meinungsvielfalt, als diese nichts am Vorgehen in diesem Vernichtungsfeldzug änderte. Das Fazit Arnolds, dass der „Mangel an Nachschub, die außergewöhnliche Witterung, die brutal kämpfende Rote Armee, schwere Verluste und Überfälle im Hinterland“ (536) die Bereitschaft erhöhten, Hitlers Forderungen eines Vernichtungsfeldzuges nachzukommen, erscheint zwar auf Grundlage der vorgelegten Analyse folgerichtig, neutralisiert aber auf seltsame Weise das Vorgehen der Wehrmacht. Der Hinweis auf die gewalttätige Gegenwehr diskreditiert zudem die Legitimität der Sowjetunion, sich gegen diesen Angriff zur Wehr zu setzen.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.312 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Klaus Jochen Arnold: Die Wehrmacht und die Besatzungspolitik in den besetzten Gebieten der Sowjetunion. Berlin: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/23112-die-wehrmacht-und-die-besatzungspolitik-in-den-besetzten-gebieten-der-sowjetunion_26445, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 26445 Rezension drucken