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Anton Pelinka

Die unheilige Allianz. Die rechten und die linken Extremisten gegen Europa

Wien/Köln/Weimar: Böhlau Verlag 2015; 195 S.; 35,- €; ISBN 978-3-205-79574-2
Europa kann dieser Tage eine Verteidigung gegen seine Gegner gut gebrauchen: Der österreichische Politikwissenschaftler Anton Pelinka liefert keine rein wissenschaftlich‑nüchterne Betrachtung, sondern eine leidenschaftliche, bisweilen gar trotzige Ereiferung zugunsten EU‑ropas. In ihren Angriffen von ganz rechts und ganz links, so Pelinka, „spielen sich Retro‑Nationalisten und linke Utopisten die Bälle zu, ohne dass sie ein Bündnis schließen müssten, ohne dass sie eine strategische Gemeinsamkeit eingestehen müssten“ (12). Wenn er sich einleitend dem Begriff des Extremismus widmet, diagnostiziert er: „Was heute extremistisch ist, mag morgen allgemein akzeptiert sein“, doch gegenwärtig seien „die prinzipiellen Gegner dieser [liberalen] Demokratie und der damit verbundenen Wertvorstellungen, insbesondere der universellen Menschenrechte, Extremisten“ (31). Zwar arbeitet er an zahlreichen Stellen Unterschiede zwischen links‑ und rechtsextremer Europakritik heraus; immer wieder betont er jedoch Ähnlichkeiten zwischen den seiner Meinung nach zugrundeliegenden Weltbildern: dem Marxismus‑Leninismus und dem Nationalsozialismus. Pelinka beklagt die populistische Simplifizierung der komplexen politischen Prozesse der EU – als „unvollendeter Bundesstaat“ sei sie „der Widerspruch zu allen Vorstellungen einer glatten, einfachen Welt“, ein „ständiges Ärgernis und eine Provokation für Nationalisten jedweder Prägung“ (100). Doch auch er macht es sich an mancher Stelle zu einfach; so neigt er bisweilen zum Tonfall europapolitischer Sonntagsreden: Er betont zwar immer wieder, die EU sei nicht perfekt, sollte aber bei nüchterner Betrachtung beispielsweise auch erwähnen, dass die Ausgrenzung des Islam in Europa keineswegs nur von Extremen links und rechts betrieben wird. Auch bleibt er mit seinen allzu häufigen Rückgriffen auf Kommunismus und Nationalsozialismus zu eindimensional – eine linksextreme Haltung etwa erschöpft sich heute eben nicht im Widerstand gegen den Kapitalismus oder in proletarischen Revolutionsutopien. Extremismus gegen EU‑ropa ist allemal mehr – und darum eben auch gefährlicher – als der von Pelinka gezeichnete ideengeschichtliche Hitler‑Stalin‑Pakt.
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Rubrizierung: 2.613.12.222.232.25 Empfohlene Zitierweise: Frank Kaltofen, Rezension zu: Anton Pelinka: Die unheilige Allianz. Wien/Köln/Weimar: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38781-die-unheilige-allianz_47312, veröffentlicht am 20.08.2015. Buch-Nr.: 47312 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken