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Caroline Milow

Die ukrainische Frage 1917-1923 im Spannungsfeld der europäischen Diplomatie

Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2002 (Veröffentlichungen des Osteuropa-Institutes München. Reihe Geschichte 68); 570 S.; brosch., 89,- €; ISBN 3-447-04482-9
Diss. Phil. Regensburg; Gutachter: V. Völkl. - Erst die Erklärung der Unabhängigkeit am 24. August 1991 rief vielen Westeuropäern die Existenz der Ukraine in Erinnerung. Doch bereits Anfang des 20. Jahrhunderts hatten die Ukrainer versucht, einen eigenen Staat zu gründen. Durch die Einberufung des ukrainischen Parlaments 1917 wurde der demokratische Grundstein gelegt. Nur die Freiheitsbestrebungen dauerten nicht lange. 1923, niedergerungen durch die Wirren des bolschewistischen Bürgerkriegs und enttäuscht von der internationalen Tatenlosigkeit, trat die Ukraine dem Bund der sozialistischen Sowjetrepubliken bei. Für die missglückte Staatswerdung der Ukraine gibt es innen- und außenpolitische Gründe. In ihrer akribischen und viel Material verarbeitenden Analyse konzentriert sich Milow auf die ukrainische Frage im Kalkül der europäischen Staatsmänner und Diplomaten jener Zeit. Es fällt auf, "dass ukrainische Politik durch die Ententemächte eigentlich immer nur betrieben wurde, um damit andere Ziele zu erreichen; Selbstzweck war die nie" (14). Franzosen, Engländer, Amerikaner und Italiener setzten auf die Selbstständigkeit Polens. Die polnische Diplomatie konnte erfolgreich das Vorurteil streuen, dass die ukrainische Nationalbewegung nur ein Propagandaprodukt der Deutschen und Habsburger sei. Auch in der Frage der Zuteilung Ostgaliziens konnten sich die Polen durchsetzen. Hinzu kamen weitere Probleme wie die Heterogenität der politischen Akteure, die Existenz einer Westukrainischen und Ukrainischen Volksrepublik, ein Mangel an charismatischen Persönlichkeiten auf europäischer Ebene und die Bedingungen des Vertrages von Brest-Litovsk, die alle Versuche der internationalen Anerkennung der Ukraine erschwerten. 1991 waren die weltpolitischen Voraussetzungen anders: Als erstes Land erkannte der polnische Nachbar die Ukraine an. Die ukrainische Unabhängigkeit ist bislang von dauerhaftem Erfolg gekrönt.
Wilhelm Johann Siemers (SIE)
Dipl.-Politologe, Journalist, Redakteur der Sprachlernzeitschrift vitamin de, Florenz.
Rubrizierung: 4.2 | 2.62 Empfohlene Zitierweise: Wilhelm Johann Siemers, Rezension zu: Caroline Milow: Die ukrainische Frage 1917-1923 im Spannungsfeld der europäischen Diplomatie Wiesbaden: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/16157-die-ukrainische-frage-1917-1923-im-spannungsfeld-der-europaeischen-diplomatie_18523, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 18523 Rezension drucken