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Olaf Leiße (Hrsg.)

Die Türkei im Wandel. Innen- und außenpolitische Dynamiken

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Jenaer Beiträge zur Politikwissenschaft 16); 497 S.; 84,- €; ISBN 978-3-8329-7356-8
„Befindet sich die Türkei auf dem Weg Richtung Osten, […] ist sie ein westlicher Staat im Nahen Osten oder ein ‚fremder Staat’ in Europa? Wohin geht die Türkei in der Zukunft, und wie gehen die Staaten der Europäischen Union mit diesem Land um?“ (11) Zur Beantwortung dieser Fragen bietet der Sammelband Beiträge zu innen‑ und außenpolitischen Entwicklungen in der Türkei, die mit Blick auf Demokratisierung und Europäisierung betrachtet werden. Vor dem Hintergrund einer ungewöhnlich langen Annäherungsphase und Anwartschaft steht dabei die Frage nach den Wirkungen der Europäisierung im Vordergrund. Der Herausgeber stellt eingangs ein Kategorisierungsraster zur Bewertung des innenpolitischen Wandels vor, das zwischen den fünf Formen der internalisierten, instrumentalisierten, partiellen, simulierten und repressiven Europäisierung unterscheidet, mit denen Beharrungskräfte und Fortschritte bei der innenpolitischen Transformation identifiziert werden sollen. In Bezug auf die Frauenrechte etwa spricht Olaf Leiße von einer „simulierten Europäisierung“, da die verabschiedeten Rechtsnormen zur Besserstellung der Frauen in der Gesellschaft bislang noch „keine hinreichende Beachtung in der sozialen Wirklichkeit“ (29) finden. Auf die Beharrlichkeit traditioneller Werte verweisen auch Burak Çopur und Haci‑Halil Uslucan in ihrem Beitrag. Danach haben sich die Werthaltungen zu Religion, politischer Teilhabe, Rolle der Frau und Toleranz über einen 20‑jährigen Zeitraum – trotz wirtschaftlicher Entwicklung und Modernisierung – kaum verändert. Und auch „Migrationserfahrungen scheinen religiöse Orientierungen nur wenig zu beeinflussen“ (457). Im Abschnitt über die Außenpolitik sei der Beitrag von Heinz‑Jürgen Axt angeführt. In seiner Analyse der außenpolitischen Dynamiken in den Beziehungen der Türkei zu Griechenland und Zypern macht er die Grenzen für eine Beilegung des Konfliktes im Rahmen einer Europäisierung deutlich. Wie Griechenland vor 1999 instrumentalisiere mittlerweile auch Zypern „die EU im nationalen Interesse gegenüber der Türkei und blockiere maßgeblich die EU‑Beitrittsverhandlungen“ (145). Wird der EU‑Beitritt am Ende scheitern? Heinz Kramer sieht wenige Gründe für eine optimistische Prognose. Dass der Prozess dennoch fortgesetzt wird, wertet er positiv. Die Beitrittsperspektive „zeigt den muslimischen Nachbarstaaten in der nah/mittelöstlichen Region, dass auch ein ‚islamisches’ Land gute Beziehungen zum Westen haben kann, ohne dabei auf einen eigenen politischen Weg verzichten zu müssen, wenn es in seiner Grundstruktur der international akzeptierten Normenwelt folgt“ (93 f.).
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.63 | 4.22 | 4.5 | 2.21 | 2.22 | 2.23 | 2.263 | 4.42 | 3.6 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Olaf Leiße (Hrsg.): Die Türkei im Wandel. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36699-die-tuerkei-im-wandel_44731, veröffentlicht am 06.02.2014. Buch-Nr.: 44731 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken