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Philip Rosin

Die Schweiz im KSZE-Prozeß 1972-1983. Einfluß durch Neutralität

München: Oldenbourg Verlag 2014 (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 99); X, 353 S.; 44,95 €; ISBN 978-3-486-70507-2
Diss. Bonn; Begutachtung: D. Geppert, J. Scholtyseck. – Passend zur erneuten Übernahme des Vorsitzes der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) durch die Schweiz im Jahr 2014 erscheint eine Publikation zu den frühen Aktivitäten der Schweiz im KSZE‑Prozess. Gerne wird von skeptischen Schweizer Patrioten gelegentlich die Position vertreten, als neutrales Land möge die Eidgenossenschaft sich am besten aus allen internationalen Auseinandersetzungen heraushalten. Aber die frei gewählte Neutralität ist nie ein politisches Ziel der Schweiz gewesen, sondern stets ein Mittel zur Erhaltung ihrer Unabhängigkeit. Daher beteiligte sich die Eidgenossenschaft ab Ende der 1960er‑Jahre selbstverständlich an den Plänen für eine Europäische Sicherheitskonferenz, die 1975 in die Unterzeichnung der KSZE‑Schlussakte in Helsinki mündeten. Zusammen mit den anderen neutralen und nicht blockgebundenen Staaten (N+N) im damals noch vom Ost‑West‑Konflikt geprägten Europa engagierte sich die Schweiz – unter anderem auch als aktiver Gastgeber der Genfer Verhandlungsphase (1973‑75) – für den Erfolg des Projektes, setzte sich für die Themen Menschenrechtspolitik und friedliche Streitbeilegung ein und gab auch bei den KSZE‑Folgekonferenzen in Belgrad (1977‑79) und Madrid (1980‑83) wichtige Impulse für das Gelingen. Dass dies nicht einfach war, zeigen die internationalen Spannungen nach der Verhängung des Kriegsrechts in Polen 1981, die zu einer längeren Unterbrechung der Konferenz führten. Der Bonner Historiker Philip Rosin legt in seiner Studie eine kluge Analyse des Schweizerischen Handelns vor. Auf der Grundlage intensiver Recherchen im Schweizerischen Bundesarchiv in Bern, im deutschen Bundesarchiv sowie im Politischen Archiv des Auswärtigen Amts in Berlin, guter Literaturnutzung und breit angelegter Zeitzeugengespräche macht Rosin deutlich, wie die Schweizer Politik und ihre Diplomaten in den verschiedenen Etappen des KSZE‑Prozesses gestaltend Einfluss nehmen konnten. Das Buch ist methodisch anspruchsvoll und, wie es sich für eine quellengesättigte Untersuchung gehört, umfangreich und sorgfältig mit Fußnoten dokumentiert. Die für Fachfremde eventuell etwas spröde Materie lohnt gleichwohl die Lektüre, macht sie doch begreiflich, was ein kleines Land auf dem internationalen Parkett zu bewegen vermag und wie durch zeitgeschichtliche Forschung das Thema überzeugend ausgeleuchtet werden kann.
Burkard Steppacher (BKS)
Prof. Dr., Konrad-Adenauer-Stiftung; Forschungsinstitut für Politische Wissenschaft und Europäische Fragen, Universität zu Köln (http://www.jeanmonnetchair.uni-koeln.de/27599.html).
Rubrizierung: 4.22 | 2.5 | 4.3 Empfohlene Zitierweise: Burkard Steppacher, Rezension zu: Philip Rosin: Die Schweiz im KSZE-Prozeß 1972-1983. München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36623-die-schweiz-im-ksze-prozess-1972-1983_44878, veröffentlicht am 16.01.2014. Buch-Nr.: 44878 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken