Skip to main content
Kathrin Mellech

Die Rezeption der EMRK sowie der Urteile des EGMR in der französischen und deutschen Rechtsprechung

Tübingen: Mohr Siebeck 2012 (Jus Internationale et Europaeum 68); XVII, 270 S.; brosch., 59,- €; ISBN 978-3-16-151999-4
Rechtswiss. Diss. Hannover/Paris (Sorbonne‑Panthéon); Begutachtung: V. Epping, R. Gaier, D. Capitant. – Kathrin Mellech untersucht für Frankreich und Deutschland als zwei der ersten Unterzeichnerstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), ob diese in den beiden Ländern nicht nur als Element der Rechtsordnung in Kraft gesetzt wurde, sondern darüber hinaus in ihrer Auslegung durch den Straßburger Gerichtshof auch als Bestandteil dieser Rechtsordnung tatsächlich angewandt wird. Zudem werden die Wirkungen der durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte maßgeblich weiterentwickelten konventionsrechtlichen Garantien auf die Rechtsprechungsorgane „in ihrer Funktion als Beschützer des Individuums vor Eingriffen des Staates“ (2) analysiert. Beide Staaten tragen demnach aktiv zur Umsetzung der Ziele der EMRK bei. Eine Konventionskonformität sei jedoch nicht gegeben, da „sich die a priori‑Kontrolle der Parlamentsgesetze des französischen Verfassungsrates nicht auf die konventionsrechtlichen Garantien erstreckt, zum anderen, da auch das BVerfG Letztere nicht unmittelbar als Prüfungsmaßstab heranzieht“ (212). Verfassungsrechtliche Regelungen könne die EMRK in beiden Staaten nicht außer Kraft setzen, so Mellech. Im Falle eines nicht durch Auslegung zu lösenden Konflikts sei wiederum ein Vorrang konventionsrechtlicher Garantien gegenüber innerstaatlichen Regelungen möglich – mittels Verfassungsmäßigkeitskontrolle durch das deutsche Verfassungsgericht oder direkt, wie seit 1975 im Nachbarstaat. In Deutschland „dominieren eher pragmatische Ansätze einer gemischten bzw. kooperativen Grundrechtsverwirklichung, welche versucht, Figuren wie die Offenheit oder Völkerrechtsfreundlichkeit der deutschen Rechtsordnung oder aus dem Grundgesetz abgeleitete Figuren oder systematische Erwägungen aus der EMRK selbst zu nutzen“ (213 f.). Aufgrund der „souveraineté de la loi“ und der Furcht vor fremdem Einfluss habe Frankreich dem Konventionsrecht erst zögernd gegenübergestanden. Nun könne aber auch dort von einem „stärkeren Selbstbewusstsein der rechtsprechenden Gewalt gegenüber der Gesetzgebung“ gesprochen werden, das sich insbesondere in den sich häufenden Entscheidungen äußert, in denen Richter „gesetzliche Regelungen zu Gunsten der konventionsrechtlichen Garantien unangewendet lassen“ (214).
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.21 | 2.323 | 2.61 | 4.3 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Kathrin Mellech: Die Rezeption der EMRK sowie der Urteile des EGMR in der französischen und deutschen Rechtsprechung Tübingen: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35766-die-rezeption-der-emrk-sowie-der-urteile-des-egmr-in-der-franzoesischen-und-deutschen-rechtsprechung_43377, veröffentlicht am 18.04.2013. Buch-Nr.: 43377 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken