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Hannes Leidinger / Verena Moritz

Die Republik Österreich 1918/2008. Überblick, Zwischenbilanz, Neubewertung

Wien: Deuticke 2008; 287 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-552-06087-6
Es lasse sich „keine direkte Linie“ (7) von 1918 bis 2008 ziehen. Die Beschäftigung mit der neunzigjährigen Republikgeschichte Österreichs habe jedoch ein epochenübergreifendes Wesensmerkmal der jüngeren Geschichte Österreichs zum Vorschein gebracht: „die verhängnisvolle Suche nach der eigenen, nationalen Identität“, die letztlich in ein „Bekenntnis zum Kleinstaat“ (8) mündet, schreibt das Autorenpaar. Daher hätten die Befürworter eines Beitritts Österreichs zur Europäischen Union einen erheblichen Argumentationsaufwand betreiben müssen, um die Ängste der Landsleute vor einem Verlust der „liebgewonnenen Kleinstaatsmentalität“ (254) aus dem Weg zu räumen. Leidinger und Moritz, beide sind Historiker, Jahrgang 1969 und an der Universität Wien tätig, widmen sich der jüngsten Geschichte des Landes auf unkonventionelle und nicht chronologische Weise: Sie heben die klassische Gliederung – Erste Republik, „Austrofaschismus“, Nationalsozialismus, Zweite Republik – auf und fragen nach „Grundzügen der mentalen, kulturellen und ideologischen, sozialen, ökonomischen und politischen ‚Verfasstheit’ eines Landes, das sich zugleich nicht in den Grenzen einer ‚nationalen Geschichte’ allein, sondern auch durch lokale und regionale, kontinentale und globale Zusammenhänge erschließt“ (9). In fünf Kapiteln – jedes kann für sich gelesen werden –, die in essayartiger Form geschrieben sind, arbeitet Leidinger die Hauptlinien der österreichischen Zeitgeschichte heraus. An diese „Längsschnitte“ durch die Geschichte knüpft Moritz an. Sie beschreibt in den als „Augenblicke“ bezeichneten Texten neun Schicksalsdaten der österreichischen Geschichte, vom 12. November 1918 bis zum Jahr 1968. Der zeitliche Schwerpunkt, vor allem bei den „Augenblicken“, liegt auf der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Den Autoren zufolge ist die Geschichte des Landes durch Antiliberalismus und durch eine Aversion gegen den „Osten“ (95) geprägt, die noch immer Teil der Kultur sei. So lasse sich etwa auch die negative Haltung zur Osterweiterung der EU erklären. Dieses flüssig geschriebene Buch ist all denen zu empfehlen, die die politische Kultur Österreichs besser verstehen wollen.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.4 | 2.2 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Hannes Leidinger / Verena Moritz: Die Republik Österreich 1918/2008. Wien: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/29803-die-republik-oesterreich-19182008_35304, veröffentlicht am 13.01.2009. Buch-Nr.: 35304 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken