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Cornelia Göls

Die politischen Parteien in der Ukraine. Eine Analyse ihrer Funktionsfähigkeit in Wahlen, Parlament, Regierung

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2008 (Politik und Demokratie 15); 124 S.; 27,50 €; ISBN 978-3-631-57822-3
Welche Rolle spielen politische Parteien für die Konsolidierung der Demokratie in post-sowjetischen Staaten, sind Parteien hier überhaupt in einem funktionalen Sinn als „real“ anzusehen? Göls widmet sich der Entwicklung der Funktionsfähigkeit der ukrainischen Parteien von der „Orangenen Revolution“ 2004 bis in den Herbst 2007. Dabei fällt auf, dass sich insbesondere die schwache Stellung der Parteien und des Parlaments im politischen System der Ukraine bis 2006, die unterentwickelte Zivilgesellschaft sowie die regionale Heterogenität des Landes negativ auf die Funktionsfähigkeit ukrainischer Parteien auswirkten. Daneben wird die ukrainische Politik wie in vielen post-sowjetischen Ländern von einer Elite politisch wie ökonomisch einflussreicher Akteure dominiert, welche kein Interesse an der Rückkopplung politischer Entscheidungen an den Demos hat. Dementsprechend zeichnet sich der Parteienwettbewerb weniger durch inhaltliche bzw. ideologische Auseinandersetzungen als durch eine erhebliche Personalisierung, die Austragung persönlicher Rivalitäten und die Dominanz wirtschaftlicher Interessen aus. Darüber hinaus hat die Aufwertung des Parlaments durch den Übergang zur parlamentarisch-präsidentiellen Form des Semi-Präsidentialismus (2006) bewiesen, dass sich Verbesserungen der strukturellen Rahmenbedingungen ohne entsprechende Lerneffekte bzw. eine Professionalisierung der parteipolitischen Akteure kaum positiv auf die Konsolidierung der ukrainischen Demokratie auswirken können. Vielmehr tragen der Unwille der Parteispitzen zur Artikulierung gesellschaftlicher Präferenzen und die Unfähigkeit zur Koalitionsbildung und zum Konsens in der Verchovna Rada vor dem Hintergrund der zunehmenden Parlamentarisierung nur zu einer weiteren Destabilisierung des demokratischen politischen Systems bei. Die hier dargestellte Dynamik der Entwicklung des Parteienwesens in der Ukraine macht deutlich, wie entscheidend eine langfristige Analyse der sich ständig wandelnden Akteursinteressen- und Koalitionen für eine Bewertung osteuropäischer Demokratisierungsprozesse ist.
André Härtel (ANH)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Rubrizierung: 2.61 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: André Härtel, Rezension zu: Cornelia Göls: Die politischen Parteien in der Ukraine. Frankfurt a. M. u. a.: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30488-die-politischen-parteien-in-der-ukraine_36197, veröffentlicht am 16.07.2009. Buch-Nr.: 36197 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken