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Oscar Mazzoleni / Olivier Meuwly (Hrsg.)

Die Parteien in Bewegung. Nachbarschaft und Konflikte

Zürich: Verlag Neue Zürcher Zeitung 2013 (Die Neue Polis; NZZ Libro); 229 S.; 21,- €; ISBN 978-3-03823-846-1
Die Schweiz verfügte lange Zeit über ein gemäßigt pluralistisches Parteiensystem, das aufgrund seiner hohen Stabilität als festgefroren charakterisiert wurde. Da das Proporzsystem alle vier großen Parteien an der Regierung beteiligt, kennt die politische Schweiz keine wirkmächtige Oppositionspartei. So bildete sich ein konkordanzdemokratisch konsolidierter Neokorporatismus, dem es mit wenigen Ausnahmen gelang, gesellschaftliche Forderungen glaubwürdig zu integrieren und neue politische Projekte zu marginalisieren, die sich links und rechts der durch die Bundesratsparteien verkörperten Mitte positionierten. War dieses System noch in der Lage, die Forderungen der Neuen Sozialen Bewegungen zu absorbieren, geriet es durch die populistische Radikalisierung und den darauffolgenden Aufstieg der Schweizerischen Volkspartei (SVP) in Bewegung. Diese Wandlungsprozesse des Parteiensystems sind das Thema der Beiträge des heterogen angelegten Bandes. Die meisten Autoren stellen eine der großen Parteien in den Vordergrund und rekonstruieren ihre historische Entwicklung und programmatische Positionierung, indem sie die Beziehungen zu deren ideologischen Nachbarn beleuchten. Ausnahmen bilden die Beiträge von Damir Skenderovic und Andreas Ladner. Skenderovic nimmt ausschließlich die SVP in den Blick. Im Unterschied zu gängigen Analysen über die rechtspopulistische Partei, die die programmatische und strategische Transformation der ehemals klientelistisch orientierten und kooperativ agierenden Bauernpartei in den Vordergrund rücken, stellt der Historiker die Kontinuität ihrer ideologischen Deutungsmuster heraus. Ladner dagegen nimmt keine historisch‑genetische, sondern eine synchron‑vergleichende Perspektive auf das schweizerische Parteiensystem ein. Im Rückgriff auf die „Spinnennetz‑Grafiken“ (202), die im Rahmen des sogenannten EU‑Profilers als komplexere Alternative zu den schlichten links‑rechts‑Schemata zur Klassifikation von europäischen Parteienfamilien entworfen wurden, ordnet der Politologe die Parteien programmatisch ein. Dabei zeigt sich, dass sie sich radikalisiert haben und das Parteiensystem der Schweiz inzwischen nicht nur fragmentierter, sondern weitaus polarisierter ist als der europäische Durchschnitt.
Marius Hildebrand (HIL)
M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.5 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Marius Hildebrand, Rezension zu: Oscar Mazzoleni / Olivier Meuwly (Hrsg.): Die Parteien in Bewegung. Zürich: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36107-die-parteien-in-bewegung_44316, veröffentlicht am 29.08.2013. Buch-Nr.: 44316 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken