Soziolog. Diss. Konstanz; Gutacher: B. Giesen, K. Eder. – In der Bundesrepublik hat sich in den 90er-Jahren ein Einstellungswandel weg von der Ausländer- hin zur Integrationspolitik vollzogen. Dieser Prozess sei maßgeblich von den türkischen Dachverbänden beeinflusst worden, lautet das Fazit dieser kultursoziologischen Studie. Im Mittelpunkt steht die Analyse der öffentlichen Verlautbarungen zweier türkischer Dachverbände in deutschen Printmedien im Zeitraum von 1995 bis 2004. Im Unterschied zu Arbeiten, die den türkischen Minderheitsdiskurs in türkischen Medien und den deutschen Mehrheitsdiskurs in deutschen Medien zum Thema haben, hat der Autor den Untersuchungsgegenstand so gewählt, dass er die Schnittstellen zwischen beiden migrationspolitischen Diskursen betrachtet. Damit will Rauer einen Beitrag zur Beantwortung der übergeordneten Frage leisten, „wie sich die Bundesrepublik zunehmend als Einwanderungsland konstituiert“ (8). In den untersuchten Printmedien seien im Wesentlichen drei „diskursive Themenfelder“ (11) qualitativ und quantitativ von Bedeutung: Staatsbürgerschaft, Islam und Integration. In diesen drei Diskursen spiegele sich der Paradigmenwechsel von der Ausländer- zur Integrationspolitik wider, wobei die Migrantenverbände im medialen Einwanderungsdiskurs eine „legitime und kontinuierliche Sprecherposition“ (184) eingenommen hätten und „in den Medien in einem spezifischen Politikfeld positioniert“ (187) würden. Damit sei ihre öffentliche Bedeutung durchaus mit der von klassischen Verbänden vergleichbar. Erstaunlicherweise sei es den Migrantenverbänden gelungen, seit 1999 „in den Medien ein Integrationsverständnis durchzusetzen, „dass sich aktivierend vor allem auf die Förderung sozialstruktureller Ressourcen [Sprachkompetenz, Bildung, Erwerbsarbeit] bezieht“ (187). An die empirische Analyse schließt sich eine diskurstheoretische Interpretation der Ergebnisse an.