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Urte Sperling

Die Nelkenrevolution in Portugal

Köln: PapyRossa Verlag 2014; 130 S.; 9,90 €; ISBN 978-3-89438-541-5
„Was für eine Revolution war die ‚Nelkenrevolution‘ und was hat sie bewirkt?“ (126) In ihrer überwiegend deskriptiven Darstellung bietet Urte Sperling den Leserinnen und Lesern die grundlegenden Informationen, um diese Frage zu klären. Sie zeigt Ausgangslage, Protagonisten und Hauptereignisse auf und verdeutlicht die Besonderheiten dieses großen Umbruchs in Portugal. Für die Dauer der Salazar‑Diktatur über 48 Jahre hebt Sperling zunächst deren Flexibilität hervor und betont dann die Anfang der 1960er‑Jahre beginnende Krise des Kolonialismus als wichtigsten Faktor auf dem Weg zum Umsturz. Die durch den Kolonialkrieg anwachsende Staatsverschuldung setzte die Regierung immens unter Druck, was die größte Schwäche des Regimes offenbarte: „Trotz der ökonomischen Entwicklung blieb Portugal das Armenhaus Westeuropas, geprägt von immenser sozialer Ungleichheit.“ (22) Die oppositionellen Kräfte konnten sich zu dieser Zeit neu formieren und Stärke gewinnen. Bis 1974 hatte sich so eine mächtige Allianz gebildet, aus liberalen, sozialistischen und kommunistischen politischen Kräften, der Arbeiterbewegung, den kolonialen Befreiungsfronten und letztendlich der Bewegung der Streitkräfte (MFA, Movimento das Forças Armadas), die die Diktatur stürzte. Doch der 25. April 1974, der Tag der Nelkenrevolution, war erst der Beginn einer Phase voller Umbrüche und Instabilität. Bis der „Übergang zu kapitalistischer Normalität“ (112) bewältigt war, so Sperling, vergingen zwei Jahre, die sich durch neue Fraktionsbildungen sowie soziale, innenpolitische und wirtschaftliche Krisen auszeichneten. Die Nachhaltigkeit bewertet die Autorin indes gemischt: „Zur positiven Bilanz gehören – neben der Entkolonisierung – die Abschaffung der Diktatur, die demokratischen Rechte und Freiheiten und die erkämpften sozialen Reformen und Rechte, auch wenn letztere im Zuge der Anpassung an die EU und die neoliberale Austeritätspolitik Zug um Zug demontiert wurden und werden.“ (128) Den in der Einleitung aufgeworfenen interessanten Vergleich zwischen der vorrevolutionären Situation Anfang der 1970er‑Jahre und den gegenwärtigen massiven Protest‑ und Streikbewegungen in Portugal greift Sperling leider erst in ihrem letzten Satz wieder auf und konstatiert ohne weitere Erläuterung, dass „Bedingungen für eine neue Nelkenrevolution offenkundig nicht bestehen“ (128).
Simone Winkens (SWI)
M. A., Politikwissenschaftlerin, Online-Redakteurin.
Rubrizierung: 2.612.252.22 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Urte Sperling: Die Nelkenrevolution in Portugal Köln: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37136-die-nelkenrevolution-in-portugal_45397, veröffentlicht am 28.05.2014. Buch-Nr.: 45397 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken