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Annette Ranko

Die Muslimbruderschaft. Porträt einer mächtigen Verbindung

Hamburg: edition Körber-Stiftung 2014 (edition Körber-Stiftung); 163 S.; brosch., 14,- €; ISBN 978-3-89684-157-5
Annette Ranko hat über die Muslimbrüder unter Ägyptens früherem Präsidenten Mubarak promoviert und Interviews mit führenden Mitgliedern geführt. Auf dieser Basis ist ein Buch entstanden, das diese Organisation einem breiteren Leserkreis verständlicher machen soll. Die Autorin skizziert die Anfänge der 1928 von Hassan al‑Banna gegründeten Muslimbruderschaft, beschreibt ihre ideologische und politische Entwicklung hin zur Oppositionsspitze unter Mubarak sowie ihre Rolle im Arabischen Frühling und bis zur Gegenwart. Den Kern ihrer Abhandlung bilden die teilweise in der Ich‑Form formulierten Schilderungen von Rankos Begegnungen mit einzelnen Muslimbrüdern. Diese Darstellungen ergeben zwar keine Typologie von Akteuren, illustrieren aber die Vielfalt in der Anhängerschaft der Organisation. So verstehen sich manche eher als Revolutionäre, andere betonen die Rolle der Muslimbrüder als Wohltätigkeitsorganisation. Einige der heutigen Aktivisten stehen in der Tradition älterer Fraktionen in der Bruderschaft, zum Beispiel Anhänger des Ahnherren des Dschihadismus, Sayyid Qutb. Dabei wird deutlich, dass die immer wieder zustande kommende Kooperation zwischen den Generationen ein wichtiger Erfolgsfaktor der Muslimbrüder ist. Außerdem waren sie stets bestrebt, eine Bewegung des ganzen Volkes zu sein und sind entsprechend Bündnisse mit liberaleren Kräften eingegangen – einmal an der Macht, gaben sie diese Haltung sofort auf, so Ranko. Sie wagt keine Prognose, in welche Richtung die Muslimbrüder nun angesichts ihrer gegenwärtigen, erneuten Unterdrückung streben werden, wenngleich die oberste Führungsriege am Kurs der gewaltfreien Politik festhalten werde. Das Buch vermittelt thematisch unerfahrenen Leser_innen einen plastischen Einblick in eine der wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Kräfte Ägyptens. Das Wirken der Muslimbrüder in anderen Ländern findet dagegen nur kurz Erwähnung. Immerhin ist die Organisation in 70 weiteren Staaten aktiv; bedeutsam ist aber vor allem ihr ideologischer Einfluss (zum Beispiel auf die Gründung der Hamas oder auf die Gründer von Al Kaida).
Dirk Burmester (DB)
Dr., Politikwissenschaftler, wiss. Angestellter der Freien und Hansestadt Hamburg.
Rubrizierung: 2.632.222.25 Empfohlene Zitierweise: Dirk Burmester, Rezension zu: Annette Ranko: Die Muslimbruderschaft. Hamburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37421-die-muslimbruderschaft_46057, veröffentlicht am 14.08.2014. Buch-Nr.: 46057 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken