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Aldo Mascareño

Die Moderne Lateinamerikas. Weltgesellschaft, Region und funktionale Differenzierung

Bielefeld: transcript Verlag 2012 (GlobalStudies); 256 S.; 29,80 €; ISBN 978-3-8376-1971-3
Der Autor beschreibt und interpretiert den Entwicklungsweg Lateinamerikas aus der Perspektive der Systemtheorie. Sie dient ihm u. a. als begrifflicher Bezugsrahmen – was, das sei vorangestellt, die Arbeit sprachlich äußerst sperrig macht. Außerdem kombiniert er die Theorie der funktionalen Differenzierung mit steuerungstheoretischen Ansätzen. Lateinamerika wird als Region der Weltgesellschaft präsentiert, für die zwar das Primat der funktionalen Differenzierung gilt, wodurch aber – so der Autor – kein universeller Weg der Moderne vorgegeben ist. Daher stellt Mascareño der klassischen Annahme der Theorie der funktionalen Differenzierung, wonach die moderne Gesellschaft eine polyzentrische sei und folglich ohne ein Steuerungszentrum auskommen müsse, seine Annahme entgegen, dass es verschiedene Formen der funktionalen Differenzierung gibt. Der lateinamerikanische Weg der Moderne lasse sich durch eine „konzentrisch institutionalisierte[.] Ordnung“ (9) charakterisieren. Um diese These zu plausibilisieren, werden verschiedene soziologische und historische Analysen und „evolutive Beobachtungen“ (72) zusammengeführt und auf dieser Grundlage die Ausdifferenzierung von Politik, Wirtschaft und Recht in Lateinamerika untersucht. Ein Spezifikum Lateinamerikas sieht der Autor in dem „Zusammenspiel formeller Prozeduren funktionaler Systeme und informeller Operationen der Schichtungs- und Reziprozitätsnetzwerke“ (76). Im weiteren Verlauf der Analyse macht er „Komplexitätasynchronien“ (163) zwischen den Funktionssystemen (Politik, Wirtschaft, Recht) und den formellen wie informellen Inklusions- und Exklusionsvorgängen aus – abzulesen etwa an Demokratisierung versus soziale Ungleichheit oder an wirtschaftlichem Handeln auf globaler versus Korruption auf lokaler Ebene. Diese Asynchronien seien ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der gesellschaftlichen Entwicklung in Lateinamerika. Dabei stelle sich auch die Frage, wie ein demokratischer Staat mit diesen komplexen Spannungsverhältnissen umzugehen hat. Hierfür greift der Autor die Idee des Supervisionsstaates von Helmut Willke auf. „Systemisch betrachtet, besteht die Hauptfunktion dieser Staatsform darin, die Koordination einer sich ausdifferenzierenden Gesellschaft sowie die Supervision und Lösung der daraus resultierenden Konflikte […] zu ermöglichen.“ (233)
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.65 | 2.2 | 2.21 | 2.22 | 4.43 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Aldo Mascareño: Die Moderne Lateinamerikas. Bielefeld: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35125-die-moderne-lateinamerikas_42283, veröffentlicht am 06.09.2012. Buch-Nr.: 42283 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken