
Die Linke. Willensbildung in einer ideologisch zerstrittenen Partei
In der von Karl Rudolf Korte herausgegebenen Reihe zu den deutschen Parteien haben sich Torsten Oppelland und Hendrik Träger mit der Partei Die Linke auseinandergesetzt. Die Darstellung der momentan größten Oppositionspartei im Deutschen Bundestag kommt nicht ohne eine tiefgreifende Darstellung ihrer Historie aus, die bis in die Zeit des sozialdemokratischen Schismas während des Ersten Weltkriegs zurückreicht. Geradezu im Parforceritt folgen die Autoren dann den Zeitläuften von KPD, SED, PDS, WASG und schließlich Die Linke. Dabei bleibt notwendigerweise einiges unberücksichtigt. Die Autoren haben sich in erster Linie auf diejenigen Aspekte konzentriert, die für das Profil der heutigen Partei essenziell erscheinen: Die zentralen Gründungsmythen, die Ursachen für das komplizierte Verhältnis zur SPD und die Altlasten aus der SED‑Herrschaft in der DDR (insbesondere festgemacht am Volksaufstand 1953, am Mauerbau 1961 und an der Staatssicherheit). Während dadurch auch die historischen Hypotheken sichtbar werden, gruppieren die Autoren ihre Darstellung im Weiteren rund um die „klassische Gretchenfrage linker Parteien“ (65), nämlich, wie sich die Partei Die Linke zur Frage der Regierungsverantwortung positioniert. Gerade mit Blick auf das sich erkennbar festigende Parteiensystem mit vier Zentralakteuren (Union, SPD, Grüne und eben Linke) verspricht dieses auch die spannendste Perspektive zu sein. Was Oppelland und Träger in diesem Zusammenhang konstatieren, zeugt davon, dass es offenkundig „Die Linke“ gar nicht gibt. So zerfällt die Partei immer wieder in partikulare Strukturen, besitzt zwischen Ost und West erhebliche Unterschiede, gliedert sich in zahlreiche disparate Strömungen, Entscheidungs‑ und Machtzentren und neigt zu hochgradig emotional aufgeladenen personellen Auseinandersetzungen. Die Fragen nach der strategisch‑inhaltlichen Ausrichtung der Partei ließen sich eigentlich „kaum ertragen“ (179). Als Vademekum dienen der Partei Die Linke letztlich drei Kernüberzeugungen: die Ablehnung von Ausbeutung und Antimilitarismus sowie der Anspruch, wahre Erben der Arbeiterbewegung zu sein. Träger und Oppelland bezweifeln, ob das auf Dauer genügt, weswegen es „insofern […] spannend [bleibt], die Entwicklung der Linken zu verfolgen“ (232).