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Peter Huth (Hrsg.), unter Mitarbeit von Philipp Heinemann sowie Kai Feldhaus, Laura Gehrmann, Torsten Hasse, Anne Losensky, Axel Sturm und Anja Wieberneit

Die letzten Zeugen. Der Auschwitz-Prozess von Lüneburg 2015. Eine Dokumentation. Mit einem Nachwort von Hans-Christian Jasch

Stuttgart: Philipp Reclam jun. 2015; 277 S.; kart., 12,95 €; ISBN 978-3-15-011057-7
Von April bis Juli 2015 fand vor dem Landgericht Lüneburg der Prozess gegen den ehemaligen SS‑Unterscharführer Oskar Gröning statt, der von 1942 bis 1944 im Konzentrationslager Auschwitz eingesetzt war. Die Anklage lautete auf Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen. Für Täter und Überlebende war dieser Prozess eine der letzten Gelegenheiten, über die Verbrechen von Auschwitz und ihr persönliches Schicksal zu sprechen. Die Aussagen festzuhalten und sie für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ist das Ziel dieser Dokumentation. Journalisten der Berliner Tageszeitung B.Z. protokollierten seit dem dritten Prozesstag das Verfahren und lieferten damit die Basis, zur Ergänzung wurden später Akten von Anwälten der Nebenkläger herangezogen. Die Dokumentation beinhaltet die Aussagen Oskar Grönings über seine Karriere bei der Waffen‑SS, die Abläufe in Auschwitz und seine moralische Schuld. Sie umfasst aber auch die Berichte der Überlebenden und Nachfahren über ein intaktes Leben vor dem Krieg, die Erlebnisse bei den ersten antijüdischen Aktionen, ihren Abtransport nach Auschwitz, die unmenschlichen Bedingungen während des Transports, die Ankunft im Lager, die Trennung von ihren Verwandten und den Alltag im Konzentrationslager. Auf Grundlage der Dokumentation des Prozesses geht Hans‑Christian Jasch, Leiter der Gedenkstätte Haus der Wannsee‑Konferenz, in einem Nachwort der Frage nach, wie es dazu kommen konnte, dass Gröning sich erst so spät seiner Verantwortung stellen musste. Er zeichnet den juristischen Umgang mit den Verbrechen des Holocaust in der Bundesrepublik bis heute nach und sieht die Gründe in den personellen Kontinuitäten bei Justiz und Polizei, der Überforderung des Rechtsstaates und dem für diese Verbrechen unzureichenden bürgerlichen Strafrecht. Insgesamt zeichnet sich das Buch durch eine gute Lesbarkeit aus. Um eine reine Dokumentation handelt es sich jedoch nicht. Aussagen wurden zum Teil gekürzt und zusammengefasst sowie Personen‑ und Situationsbeschreibungen ergänzt.
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Rubrizierung: 2.352.312 Empfohlene Zitierweise: Jessica Burmester, Rezension zu: Peter Huth (Hrsg.), unter Mitarbeit von Philipp Heinemann sowie Kai Feldhaus, Laura Gehrmann, Torsten Hasse, Anne Losensky, Axel Sturm und Anja Wieberneit: Die letzten Zeugen. Stuttgart: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39325-die-letzten-zeugen_47944, veröffentlicht am 28.01.2016. Buch-Nr.: 47944 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken