Die Debatte über den Aufbau und die Legitimität supranationaler Institutionen wird in den alten und neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf ganz unterschiedliche Weise geführt. Im Grunde genommen handelt es sich um zwei voneinander getrennte Diskursarenen. Gemeinsam ist ihnen nur die Frage, wie legitime politische Ordnung im Kontext der EU beschaffen sein soll. Dieser Band, der das Ergebnis einer internationalen wissenschaftlichen Tagung darstellt, führt einige der in diesem Zusammenhang wichtigen Argumentationslinien zusammen. Die Beitragsautoren beschäftigen sich mit dem Entstehen einer europäischen Verfassungsidentität, loten die Legitimität der supranationalen Institutionen aus und zeigen am Beispiel Polens, Ungarns und Tschechiens, wie diese Themenkomplexe auf nationaler Ebene diskutiert werden. Leider versäumen sie es, entsprechende Länderkapitel für die alten EU-Mitgliedstaaten mitzuliefern. Der direkte Vergleich zwischen den Spezifika der „alten“ und der „neuen“ Diskursarena – immerhin eine Zielsetzung des Bandes, die im Untertitel anklingt – bleibt dadurch auf der Strecke. Auch mangelt es an einem roten Faden, der sich durch die Einzelbeiträge ziehen könnte, zum Beispiel in Form von gemeinsamen Begriffen, Prämissen oder Modellen. Vorleistungen dieser Art werden zwar in der Einleitung erbracht, an späterer Stelle aber nicht wieder aufgegriffen. Es fällt zudem auf, dass den Beiträgen kein einheitliches Gliederungskonzept zugrunde liegt. Dieser Mangel hätte leicht durch eine bessere redaktionelle Arbeit vermieden werden können. Auch in qualitativer Hinsicht überzeugen die Beiträge nicht immer. Die meisten von ihnen bleiben recht oberflächlich und verzichten darauf, den angerissenen Fragen im Detail nachzugehen. Ein Kapitel, das den wissenschaftlichen Ertrag der Beiträge in den Kontext des Oberthemas einordnet und kritisch würdigt, sucht man ebenfalls vergebens. In der Gesamtschau ergibt sich somit ein zwiespältiges Bild: Zwar wird in diesem Band ein spannendes und für den weiteren Verlauf der europäischen Integration bedeutendes Thema aufgegriffen, zugleich wird jedoch die Chance verschenkt, dieses in formal ansprechender, inhaltlich stringenter und wissenschaftlich konziser Weise darzubieten.