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Peter Kühne / Harald Rüßler

Die Lebensverhältnisse der Flüchtlinge in Deutschland

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2000; 654 S.; kart., 98,- DM; ISBN 3-593-36485-9
Die Autoren konstatieren eine herrschende Einseitigkeit beim Thema Migration, und zwar sowohl in der öffentlichen Diskussion als auch in der Forschung. Nachdem über lange Zeit die Arbeitsmigranten im Vordergrund standen, rücken neuerdings primär Flüchtlinge an deren Stelle. Hinzukommt, dass Erstere mittlerweile als "langjährig und legitim Anwesende" gelten, "denen nun ein erleichterter und modernisierter Zugang zur deutschen Staatsbürgerschaft eröffnet werden soll" (22), die Fluchtmigranten dagegen als unerwünscht angesehen und in Diskussionen vor allem im Zusammenhang mit Fragen ihrer Abwehr und "Rückführung" in Verbindung gebracht werden. In der Migrationsforschung verhält es sich nicht anders. Auch sie blickt primär auf die Gruppe der Arbeitsmigranten und deren Angehörige und sofern dennoch Berichte über die Flüchtlingsmigranten vorliegen, "steht je nach Interessenlage der Aspekt ihrer Abwehr oder ihrer Aufnahme bzw. der Sicherung ihres Status im Vordergrund". Problemlagen, die sich aus einem "langen Aufenthalt in der Bundesrepublik ergeben[,] und die hier zu verzeichnenden Prozesse gelingender oder auch scheiternder sozialer Integration" (23), bleiben dagegen unbesehen. Insonderheit liegen sehr wenige Erkenntnisse über die Arbeitsmarktsituation von Fluchtmigranten vor – obwohl gerade die rechtlichen und tatsächlichen Zugangsmöglichkeiten zum Erwerbsmarkt ein wesentlicher Indikator für den Prozess der Integration darstellen. Vor diesem Hintergrund beabsichtigen die Autoren, vorliegende Ergebnisse zur sozialen und arbeitsmarktbezogenen Integration von Flüchtlingen zu bündeln sowie – in Erwartung kritischer Fragen künftiger Generationen an die heute Verantwortlichen – "Spuren zu sichern" (25), zu dokumentieren und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen: Inwieweit hält die Bundesrepublik, was das Grundgesetz "emphatisch" verspricht, nämlich die Achtung und den Schutz der Menschenwürde? Neben dieser Frage widmen sich die Autoren unter anderem dem "spezifischen Stellenwert eines vom Arbeitsmarktzugang ausgrenzenden Arbeitserlaubnisrechts und entsprechender Praktiken der Arbeitsverwaltungen" (26) sowie im Rahmen einer lokalen Fallstudie den Gegebenheiten in Dortmund. Schließlich kommen in zahlreichen biographischen Interviews Fluchtmigranten selbst zu Wort. Auf diese Weise gelingt es den Autoren, tiefe Einblicke in die Lebenssituation von Flüchtlingen in Deutschland zu liefern und die Sinnhaftigkeit einer auf Integration und Akzeptanz zielenden Politik deutlich zu machen. Inhaltsübersicht: I. Zufluchtsland Bundesrepublik Deutschland; II. Instanzen und Akteure im Prozess der sozialen Integration: Das Beispiel Dortmund; III. Der Arbeitsmarkt als spezifische Integrationsinstanz; IV. Fluchtmigrantinnen und Fluchtmigranten im Spiegel biographischer Interviews; V. Zusammenfassung. Plädoyer für eine Politik nachholender Anerkennung und sozialer Integration.
Detlef Lemke (Le)
Dipl.-Politologe.
Rubrizierung: 2.35 | 4.42 | 2.325 Empfohlene Zitierweise: Detlef Lemke, Rezension zu: Peter Kühne / Harald Rüßler: Die Lebensverhältnisse der Flüchtlinge in Deutschland Frankfurt a. M./New York: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/11920-die-lebensverhaeltnisse-der-fluechtlinge-in-deutschland_14222, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 14222 Rezension drucken