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Ulf-Dieter Klemm / Wolfgang Schultheiß (Hrsg.)

Die Krise in Griechenland. Ursprünge, Verlauf, Folgen

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2015; 546 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-593-50308-0
Die Krise in Griechenland war in den vergangenen Jahren ein politischer Dauerbrenner, der auf vielen Kanälen und auch in der Publizistik ausführlich thematisiert und diskutiert wurde. Angesichts dieser Vielstimmigkeit ist es wohltuend, wenn in einem einzelnen Buch unterschiedliche Aspekte dieser Krise von deutschen, griechischen und weiteren Autor_innen prägnant beleuchtet werden. Genau dies leistet der von Ulf‑Dieter Klemm und Wolfgang Schultheiß (ehemaliger Botschafter in Athen) herausgegebene Sammelband. Eine wichtige Säule ist der historische Rekurs. So zeigen Antonis Liákos und Korinna Schönhärl in ihren Beiträgen auf, dass politischer Klientelismus und staatliche Zahlungsunfähigkeit bereits im 19. Jahrhundert in Griechenland auftraten. Auch die Situation Griechenlands im Zweiten Weltkrieg wird dargestellt – inklusive der Belastungen, die sich daraus im deutsch‑griechischen Verhältnis bis heute ergeben, wie sich an der nicht endgültig geklärten Frage deutscher Reparationszahlungen zeigt. Auch wenn die einzelnen Beiträge relativ unverbunden nebeneinander stehen, ergeben sie zusammengenommen ein Kaleidoskop, das den Leser_innen ermöglicht, ihre Meinung anhand unterschiedlicher Argumente abzuwägen. Gut deutlich wird dies an zwei Beiträgen zur Wirtschaftspolitik. Kai Carstensen plädiert für einen Grexit als wirtschaftlich bessere Lösung für Griechenland. Er geht dabei aber von teils unrealistischen Vorannahmen aus und ignoriert die Gefahr dauerhafter wirtschaftlicher und politischer Schäden, die nicht ohne Weiteres rückgängig gemacht werden können. Überzeugender erscheint da der Beitrag von Manolis Galenianos, der richtigerweise anmerkt, dass die Handelsbilanzungleichgewichte problematischer waren als die Schuldenstände, und dass es für diese Ungleichgewichte eine gesamteuropäische Verantwortung gibt, unter der die deutsche Lohnzurückhaltung kritisch zu betrachten ist. Wie viele Veröffentlichungen zur Krise sind auch die Beiträge in diesem Band teilweise schon von der Wirklichkeit überholt worden, doch in seiner Vielfalt – was sowohl den Inhalt der Beiträge als auch den persönlichen Hintergrund der Autor_innen betrifft – zeigt sich der besondere Nutzen des Bandes.
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Rubrizierung: 2.612.222.2622.213.14.222.3124.213.52.263 Empfohlene Zitierweise: Max Lüggert, Rezension zu: Ulf-Dieter Klemm / Wolfgang Schultheiß (Hrsg.): Die Krise in Griechenland. Frankfurt a. M./New York: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39018-die-krise-in-griechenland_47074, veröffentlicht am 29.10.2015. Buch-Nr.: 47074 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken