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Raul Zelik (Hrsg.)

Die kolumbianischen Paramilitärs. "Regieren ohne Staat?" oder terroristische Formen der Inneren Sicherheit

Münster: Westfälisches Dampfboot 2009; 352 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-89691-766-9
Politikwiss. Diss. FU Berlin; Gutachter: B. Zeuner. – Zelik vertritt die These, „dass sich der Zusammenhang von Staatskrise, illegaler Ökonomie, entregelter Gewalt und informellen Regierungstechniken [in Kolumbien] radikal anders darstellt als in den Staatszerfall-Debatten unterstellt“ (12) werde. Weder löse sich der Staat auf noch finde ein neuer Krieg im Sinne der Definition Münklers statt, das staatliche Gewaltmonopol sei nicht angesichts irregulärer Kräfte zerfallen. Der kolumbianische Krieg, der sich seit 60 Jahren gegen die Zivilbevölkerung richte, beweise vielmehr, „dass die Aufweichung des staatlichen Gewaltmonopols heute von staatlichen Akteuren, darunter federführend der Führungsmacht USA, selbst forciert wird“ (318) – mit der Absicht, eine bestimmte politische und ökonomische Ordnung durchzusetzen, ohne dafür die Kosten tragen zu müssen. Der Staat selbst habe mit den Paramilitärs eine effiziente Parallelstruktur initiiert und über eine längere Zeit gesteuert. Deren illegale Ausnahmegewalt, die Zelik am Beispiel der inzwischen demobilisierten Organisation AUC erläutert, sei also mit der Durchsetzung staatlicher Souveränität eng verknüpft. Gleichzeitig seien die Paramilitärs eine Privatarmee von Teilen der politischen Klasse, Kapitalbesitzern und Latifundisten und zudem mit einer Struktur der organisierten Kriminalität versehen, die eigene ökonomische Ziele verfolge. Zelik belegt dies damit, dass sich die Gewalt des Paramilitarismus „fast ausschließlich gegen die Unterschichten (‚gefährliche Klassen’)“ (174) und gelegentlich gegen linke Intellektuelle richte, die als Bedrohung des politischen und ökonomischen Status quo wahrgenommen würden. „Das Ergebnis dieser Kriegsführung war eine umfassende Kontrolle der Bevölkerung.“ (319) Der Paramilitarismus sei also eine politisch-militärische Strategie zur autoritären Transformation von Gesellschaft und Staat. „Als herrschaftliches Stabilisierungsprojekt ist der paramilitärische Krieg in Kolumbien weitgehend geglückt“ (328), so das Resümee, als politisches Transformationsprojekt aber unvollendet geblieben.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.65 | 2.25 | 2.21 | 4.22 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Raul Zelik (Hrsg.): Die kolumbianischen Paramilitärs. Münster: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30687-die-kolumbianischen-paramilitaers_36449, veröffentlicht am 19.08.2009. Buch-Nr.: 36449 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken