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Thomas Urban

Die Irrtümer des Kremls. Warum wir den Krieg im Osten Europas stoppen müssen

München: Süddeutsche Zeitung 2015 (Süddeutsche Zeitung Edition); 61 S.; brosch., 4,90 €; ISBN 978-3-86497-300-0
Mit mehr als zwanzig Jahren Erfahrung als Osteuropakorrespondent gehört Thomas Urban unter den deutschsprachigen Journalisten zu den profiliertesten Experten für die Region. Neben Polen bildet Russland einen zweiten Schwerpunkt seiner Publikationstätigkeit. So verwundert es nicht, dass er sich – mittlerweile in Madrid tätig – in einer schmalen Streitschrift zur Ukraine‑Krise zu Wort meldet. Gleich zu Beginn nutzt der Autor den in den Medien überwiegend negativ konnotierten Begriff des sogenannten Russlandverstehers, den er für sich positiv zu wenden sucht. In der Beantwortung von sechs Streitfragen soll so das Vorgehen Russlands unter Wladimir Putin erklärt werden, ohne es blind zu rechtfertigen. Die Fragen beziehen sich unter anderem auf die Beteiligten des Konflikts auf der Krim und in der Ostukraine, die Trennlinien innerhalb der ukrainischen Gesellschaft und die Behauptung einer Einkreisung Russlands durch die NATO‑Staaten. Auf der Basis historischer Exkurse bezieht Urban hier eindeutig Stellung: zum massiven russischen Einfluss auf die Separatistengruppen im Donbass, zur Entwicklung einer sprachgruppenübergreifenden nationalen ukrainischen Identität und zu den Ambivalenzen der Erweiterungspolitik der NATO‑Staaten. Die Ablehnung der Beitrittsgesuche der Ukraine und Georgiens hat Putin demnach als Ermunterung interpretiert, den russischen Einfluss in der Region auszuweiten. Bedauerlich ist, dass der Autor im gesamten Text auf Quellen‑ und Literaturnachweise verzichtet – dies mag dem Charakter einer Streitschrift angemessen sein, wäre aber gerade angesichts der Behandlung hoch umstrittener Fragen sinnvoll gewesen. Doch es ändert nichts am Wert dieses engagierten Plädoyers, das sowohl die titelgebenden „Irrtümer des Kremls“ bezüglich verschiedener Entwicklungen im In‑ und Ausland benennt als auch kritische Punkte der ukrainischen Innen‑ und der Außenpolitik der westlichen Staaten thematisiert. Und so bleibt am Ende ein eindeutiges Fazit: „Abgesehen von den Rüstungskonzernen kennt der russisch‑ukrainische Bruderkrieg nur Verlierer in Europa.“ (55)
{MUN}
Rubrizierung: 2.624.224.412.61 Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Thomas Urban: Die Irrtümer des Kremls. München: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39252-die-irrtuemer-des-kremls_47592, veröffentlicht am 14.01.2016. Buch-Nr.: 47592 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken