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Raphael Magin

Die geringere Hälfte. Erscheinungsformen, Entwicklungen und Ursachen der Unterrepräsentation von Frauen in deutschen Parlamenten

Berlin: Lit 2011 (Policy-Forschung und Vergleichende Regierungslehre 11); 264 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-643-10893-7
Diss. Konstanz; Gutachter: M. Freitag, A. Vatter. – Auch fast 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts in Deutschland sind Frauen in den Parlamenten aller politischen Ebenen unterrepräsentiert. Dies sei ein „wesentliches demokratisches Defizit“ (200), das Magin in zweifacher Hinsicht untersucht. Er widmet sich sowohl den Hintergründen unterschiedlich hoher Repräsentationsniveaus in Kreisparlamenten und Landtagen als auch der Entwicklung des Frauenanteils in den Parlamenten der Kreis-, Landes- und Bundesebene im Zeitverlauf. Bei der Untersuchung der Entwicklungstrends wird auf das Konzept der Pfadabhängigkeit zurückgegriffen. Indem Magin Veränderungen der ideologischen Grundlage (politikwissenschaftlicher Feminismus), des Verhaltens relevanter Akteure (v. a. Frauenbewegung) und des gesellschaftlichen Kontextes (z. B. rechtliche Stellung der Frau) nachzeichnet, vermag er zu erklären, warum bis in die 70er-Jahre weibliche Abgeordnete im Schnitt nur fünf bis zehn Prozent aller Mandate hielten, sich dieser Anteil bis zum Jahr 2000 jedoch verdreifachte, um seither auf knapp über 30 Prozent zu stagnieren. In Bezug auf das zwischen den Parlamenten auf Kommunal- und Landesebene ermittelte hohe Maß an Varianz überprüft Magin die Annahme, dass die unterschiedlichen Repräsentationsniveaus auf institutionelle Merkmale des politischen Systems (z. B. Wahltypus, Frauenquoten der Parteien), auf soziostrukturelle Einflüsse (u. a. Bildungsabstand zwischen Frauen und Männern, Frauenerwerbsquote) und kulturelle Gegebenheiten (z. B. Verbreitung des Katholizismus, sozialistisches Erbe der DDR) zurückgeführt werden können. Magins Untersuchung zeigt, dass Frauen ein Nachteil aus der Möglichkeit des Kumulierens und Panaschierens erwächst. Die Wählerschaft nutze offene Listen, um weibliche Kandidaten nach unten bzw. männliche Bewerber systematisch nach oben zu wählen. Als verlässlichster Faktor für eine angemessene Repräsentanz erweist sich insgesamt die Frauenquote. In seinem abschließenden Kapitel zu verschiedenen mittelbar und unmittelbar wirksamen Maßnahmen zur Steigerung des Frauenanteils identifiziert Magin denn auch die Einführung einer für die Parteien verpflichtenden Quotierung bei der Kandidatenaufstellung als wirkungsvollstes Instrument.
Christoph Mohamad-Klotzbach (CHM)
M. A., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft und Sozialforschung, Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
Rubrizierung: 2.36 | 2.321 | 2.325 | 2.35 | 2.332 Empfohlene Zitierweise: Christoph Mohamad-Klotzbach, Rezension zu: Raphael Magin: Die geringere Hälfte. Berlin: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33282-die-geringere-haelfte_39801, veröffentlicht am 20.04.2011. Buch-Nr.: 39801 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken