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Michael Kaeding / Niko Switek (Hrsg.)

Die Europawahl 2014. Spitzenkandidaten, Protestparteien, Nichtwähler

Wiesbaden: Springer VS 2015; 417 S.; 29,99 €; ISBN 978-3-658-05737-4
Den Wahlen zum Europäischen Parlament wird seit jeher eine geringere Bedeutung als den Abstimmungen über die Zusammensetzung der nationalen Parlamente attestiert, schreibt Hendrik Träger in einem Aufsatz dieses Sammelbandes. Bereits nach der ersten Direktwahl 1979 entwickelten Karlheinz Reif und Hermann Schmitt den „second‑order election‑Ansatz“ (33). Er besagt, dass die Nebenwahlen durch eine niedrigere Beteiligung, einen höheren Anteil ungültiger Stimmen, Verluste für die nationalen Regierungsparteien sowie bessere Chancen für kleine und neue Parteien als bei den Hauptwahlen geprägt sind. Die Prüfung dieser Parameter für alle 28 Mitgliedstaaten der EU hat gezeigt, dass sich auch die Europawahl 2014 als second‑order election charakterisieren lässt und es sich um „eine ‚Ansammlung von 28 nationalen Nebenwahlen‘“ (41) handelt, so Träger. So hatten die Regierungsparteien vielfach Verluste zu verkraften, es ließen sich klare „‚anti‑government swings‘“ (42) beobachten. Die Europäische Volkspartei (EVP), die europakritischen Konservativen sowie die Liberalen, die in einigen Ländern unmittelbar mit der Austeritätspolitik in Verbindung gebracht wurden, büßten Stimmen ein, wie die Herausgeber Michael Kaeding (Jean Monnet Professor für europäische Integration an der Universität Duisburg‑Essen) und Niko Switek (Mitarbeiter an der NRW School of Governance) schreiben. Die Sozialdemokraten (S&D) und Grünen konnten von diesem Stimmenverlust nicht profitieren, sondern die rechten und linken Ränder. Während rechtspopulistische Parteien in den Ländern punkteten, die weniger intensiv von der Wirtschafts‑ und Finanzkrise betroffen waren, gewannen Linksextreme in den Krisenländern an Stimmen, wie etwa die griechische Syriza oder die spanische Podemos. Durch diese Parteienkonstellation im Parlament wurde die Große Koaliton zwischen EVP und S&D gestärkt, die beiden Parteien vereinen 54 Prozent aller Sitze auf sich. In Deutschland wird die Europawahl 2014 im Gedächtnis bleiben als der Tag, „an dem endgültig mit dem liberalen Konsens in der Europapolitik gebrochen wurde – ein Prozess, der in anderen europäischen Ländern bereits in den 1980er‑Jahren seinen Anfang nahm“ (21), so das Herausgeberduo. Denn die Alternative für Deutschland, eine Partei mit europaskeptischen Inhalten, gewann sieben Sitze und wurde fünftstärkste deutsche Kraft. Auch die SPD verbesserte sich im Vergleich zur Europawahl 2009 um 6,5 Prozent, womit ihr Gewicht in der S&D‑Fraktion auf 14 Prozent gestiegen ist. Diese Europawahl war für die EU insofern eine Premiere, als sie erstmals gemäß den Bestimmungen des Vertrags von Lissabon erfolgte und die europäischen Parteienfamilien Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten aufstellten, sodass sich eine stärkere Personalisierung ergab.
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Rubrizierung: 3.42.222.612.3312.632.642.4 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Michael Kaeding / Niko Switek (Hrsg.): Die Europawahl 2014. Wiesbaden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39528-die-europawahl-2014_47359, veröffentlicht am 17.03.2016. Buch-Nr.: 47359 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken