Die europapolitische Rolle der nationalen Parlamente nach Lissabon
Knapp zwei Jahre nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon fragt Friederike Dittgen, inwieweit die nationalen Parlamente tatsächlich als maßgebliche Gewinner aus dem jüngsten Reformprozess der EU hervorgegangen sind. Nachdem sie einleitend die „Notwendigkeit einer parlamentarischen Beteiligung auf europäischer Ebene“ (13) multiperspektivisch skizziert, gibt Dittgen einen – bisweilen sehr knappen – Überblick über die sukzessive Ausweitung der Kompetenzen nationalstaatlicher Parlamente im europäischen Gesetzgebungsverfahren. Ihr Hauptaugenmerk liegt dabei auf den Neuerungen durch den Europäischen Konvent und den Vertrag über eine Verfassung für Europa. An diese in erster Linie historische Betrachtung anknüpfend folgt eine kritische Analyse der europapolitischen Beteiligungsmöglichkeiten nationaler Parlamente, wie sie nach dem Scheitern des Verfassungsvertrages im Vertrag von Lissabon vereinbart wurden. Im Mittelpunkt steht vor allem der Frühwarnmechanismus, der die mitgliedstaatlichen Parlamente durch umfassende Subsidiaritätskontrollrechte noch während des Gesetzgebungsprozesses explizit in das gesetzgebende Verfahren einbezieht. Am Beispiel des Bundestages und Bundesrates untersucht Dittgen schließlich die institutionelle Umsetzung dieser Mitwirkungsmöglichkeiten in Deutschland. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass mit dem Vertrag von Lissabon auf europäischer Ebene die europapolitische Rolle der nationalen Parlamente zwar sichtbar gestärkt wurde, es nun jedoch an den Mitgliedstaaten selbst liegt, ihren Parlamenten den verfassungsrechtlichen Rahmen und die notwendigen Ressourcen zu bieten, damit diese ihrer neuen Aufgabe auch gerecht werden. Dittgens Studie stützt sich hauptsächlich auf die Analyse von Primärtexten. Fallbeispiele wären eine lohnenswerte Ergänzung gewesen.