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Martina Mayer

Die Europafunktion der nationalen Parlamente in der Europäischen Union

Tübingen: Mohr Siebeck 2012 (Verfassungsentwicklung in Europa 6); XXXI, 613 S.; Ln., 104,- €; ISBN 978-3-16-151727-3
Rechtswiss. Diss. München; Begutachtung: P. Huber, H.‑P. Folz. – Europapolitik wird in so gut wie allen Mitgliedstaaten traditionell von der Regierung gestaltet, nicht vom Parlament. Erst seit Inkrafttreten des Vertrags von Maastricht ist es insofern zu einem Bewusstseinswandel gekommen, als eine größere Beteiligung der Volksvertretungen als Chance gesehen wird, um eine bessere Rückbindung des Projektes Europa an die europäischen Völker zu erreichen. Von dieser Erkenntnis ausgehend, formuliert Martina Mayer die These, dass den Parlamenten eine neue Europafunktion zugewachsen sei, die ihnen erlaube, mit der Europäisierung einhergehende Substanzverluste des nationalen Parlamentarismus zu kompensieren. Nach einer Betrachtung der Funktionen von Parlamenten im Nationalstaat wird diese Europafunktion ausdifferenziert (Mitwirkung an Rechtsetzung, Personalentscheidungen und europäischer Öffentlichkeit, Hüter des Subsidiaritätsprinzips). Auch die Zusammenarbeit der nationalen Parlamente im Rahmen von COSAC, der Konferenz der Europa‑Ausschüsse der nationalen Parlamente, zählt sie zur Europafunktion. Im Hauptteil wird dann die Umsetzung in fünf Staaten betrachtet. Am besten sei die Lage in Dänemark, was auch an der dortigen Praxis der Minderheitsregierungen liege. In Deutschland funktioniere das System leidlich; vor allem der Bundestag sei zu wenig aktiv und der Informationsflut nicht ausreichend gewachsen. Die Lage in Frankreich sei geprägt durch die historisch begründete Angst vor der Einschränkung exekutiver Rechte, sodass es bis heute nicht zu substanziellen Kompetenzen der Nationalversammlung gekommen sei. Hingegen sei der österreichische Nationalrat auf dem Papier sehr mächtig, jedoch überwiege in der Praxis die Logik Regierungsmehrheit versus Opposition. In Großbritannien schließlich seien die Mitentscheidungsbefugnisse des Parlaments gering, aber dafür funktioniere die Regierungskontrolle deutlich besser. Insgesamt zeigt sich die „Verquickung von Parlamentsmehrheit und Regierung“ somit in vier von fünf untersuchten Staaten als „Grundproblem“ (560), das einer wirkungsvollen nationalen Legitimation der EU entgegensteht.
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Rubrizierung: 2.21 | 3.7 | 2.61 | 2.321 | 2.4 | 2.325 Empfohlene Zitierweise: Sebastian Galka, Rezension zu: Martina Mayer: Die Europafunktion der nationalen Parlamente in der Europäischen Union Tübingen: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37533-die-europafunktion-der-nationalen-parlamente-in-der-europaeischen-union_42409, veröffentlicht am 18.09.2014. Buch-Nr.: 42409 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken