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Andreas Wehr

Die Europäische Union

Köln: PapyRossa Verlag 2012 (Basiswissen); 134 S.; 9,90 €; ISBN 978-3-89438-498-2
Wer eine andere als die derzeit dominierende positive Perspektive auf die Europäische Union einnehmen möchte, sollte zu diesem Buch des Mitarbeiters in der Fraktion der europäischen Linken im Europäischen Parlament greifen. Nach einer knappen Einführung unterteilt Andreas Wehr die Geschichte der Europäischen Union in drei Abschnitte. Im ersten widmet er sich dem Aufstieg und der Stagnation der EU im Zeitraum zwischen 1950 und 1985. Gleich zu Beginn stellt Wehr auch gegen aktuelle Behauptungen klar, dass es bei der europäischen Integration nicht um die Verhinderung eines Krieges gegangen und alle Friedensrhetorik ein Gründungsmythos sei. Vielmehr steckten die USA hinter den ersten Integrationsschritten, die ein Interesse an einem stabilen internationalen Wirtschafts- und Finanzsystem gehabt hätten. Wehr beschreibt in Teil zwei den Integrationsverlauf zwischen 1985 und 2005. Themen wie die Ausweitung des ökonomischen Wettbewerbs und die Vollendung des Binnenmarktes, der Weg zum Euro und die Osterweiterung sowie die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik werden an dieser Stelle abgehandelt. Dabei zeigt der Autor auf, wie die europäischen Großkonzerne von diesen Prozessen profitierten und die fortbestehenden nationalstaatlichen Interessen es nicht zuließen, dass der Integrationsprozess der EU vertieft werden konnte. Im Blickpunkt der letzten Phase von 2005 bis 2012 stehen die Rückschläge und Krisen der EU, wie zum Beispiel das Scheitern des Verfassungsvertrages und die aktuelle Euro-Krise. Wehr konstatiert abschließend, dass die EU einerseits eine Form der Kooperation von Staaten darstelle, die einen sehr hohen Integrationsgrad erreicht habe. Zugleich sei die EU jedoch auch Austragungsort des Kampfes zwischen den Staaten, die eine weitere Integration verhinderten, da sie nicht bereit seien, Souveränität in Kernbereichen ihrer Staatlichkeit abzugeben. Zudem komme es immer mehr zu einer Differenzierung zwischen einem Zentrum und der Peripherie, wobei Deutschland eine hegemoniale Stellung einnehme. Der Autor beklagt zudem eine Entdemokratisierung, die er als Folge der imperialistischen Bestrebungen der dominierenden Staaten in der EU betrachtet, da diese das Selbstbestimmungsrecht vieler Staaten ignorierten. So sei es die EU, „die bei der Negierung der europäischen Demokratien vorangeht“ (120). Außerdem stehe die EU für einen Sozialabbau, der vertraglich festgeschrieben sei, und für eine neoliberale Wirtschaftsordnung, die nicht infrage gestellt werden dürfe. Den Ausweg aus diesen Prozessen sieht der Autor in einem Kampf vor allem der Arbeiterbewegung auf nationaler Ebene mit der marxistisch inspirierten Perspektive einer Weltgesellschaft.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 3.1 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Andreas Wehr: Die Europäische Union Köln: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35533-die-europaeische-union_42863, veröffentlicht am 17.01.2013. Buch-Nr.: 42863 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken