Skip to main content
Falk Illing

Die Euro-Krise. Analyse der europäischen Strukturkrise

Wiesbaden: Springer VS 2013; X, 172 S.; brosch., 29,99 €; ISBN 978-3-658-02451-2
Falk Illings Darstellung der Ursachen, Entwicklung und Folgen der Euro‑Krise weist eine monetaristische Schlagseite auf. Denn für den Autor ist klar, dass „der Staat“ eine „treibende Kraft in dieser Krise ist“ und „die Wirtschaft in Mithaftung genommen“ hat. Zur Beschreibung der EU‑Volkswirtschaften benutzt Illing den Dahrendorf‘schen Terminus des „Pumpkapitalismus“, der sich durch eine „künstliche Steigerung der nationalen Wirtschaftskraft durch beständige Interventionen der Regierungen“ (7) auszeichnet. Auch wenn Illing die Figur des „artifiziellen Wirtschaftswachstums“ (10) in unzähligen Wiederholungen variiert, so werden seine Erklärungsversuche der Krise damit jedoch nicht überzeugender. Vor allem werden sie der Komplexität des Problems nicht gerecht. Durch die zum Teil hemdsärmeligen Formulierungen sowie die Auswahl der benutzen Quellen wird dieser Eindruck leider noch verstärkt. So stellt Illing Aussagen wie „Was ein richtiger Staat ist, geht [...] auch nicht Pleite“ oder „Vor dem Hintergrund der ständigen Refinanzierung sind alle Staaten in der Euro‑Zone gleich“ (21) unkommentiert in den Raum. Seine Überlegungen serviert Illing in zum Teil sehr kurzen Kapitel‑Häppchen. So wird die Sondersituation Griechenlands auf nicht einmal drei Seiten abgehandelt und stützt sich dabei auf die Süddeutsche Zeitung als Quelle. Während er eingangs den Begriff „Handelsbilanzkrise“ (3) ablehnt, stellt er in seinen Ausführungen zu Griechenland fest, dass „Hellas“ mit Blick „auf die Ungleichgewichte und die institutionellen Hemmnisse“ wie ein „Beschleuniger“ (32) wirkte. Im Fazit seines ersten Teils wird der sich über jeden Zweifel hinwegsetzende Duktus von Illings Ausführungen fast schon unerträglich. So wird der „allumfassende Eingriff des Staates in die Strukturen des menschlichen Habitats“ beklagt, die Euro‑Krise als eine „Krise der Politik“ bezeichnet und der vermeintlich „überforderte Staat“ in die Nähe des janusgesichtigen „Zwillingsbruder[s] des ‚totalen Staates‘“ (43) nach Carl Schmitt gerückt. An diese sehr monokausale Ursacheninterpretation schließt sich eine historische Darstellung der Entwicklung der Krise von 2009 bis 2012 an, die sich stark auf überregionale Printmedien als Quellen stützt. In Teil drei der Analyse widmet sich Illing dann selektiv den Folgen der Euro‑Krise. Dabei erstaunt es nicht, dass er den „Umbau der Wirtschaftsordnung zur Vollkasko‑Ökonomie“ (147) sowie die „in den Finanzmärkten aufgestaute Inflation“ (163) als Ausdruck des von ihm als „Strukturkrise“ (3) bezeichneten Fehlverhaltens der Politik ausmacht. Mit Blick auf die auf dem Einband angegebene Zielgruppe, die der Band erreichen will, lässt sich zusammenfassend feststellen, dass diese Analyse aufgrund ihres normativen Bias zumindest für politikwissenschaftliche Studierende wenig geeignet ist.
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 3.5 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Falk Illing: Die Euro-Krise. Wiesbaden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36739-die-euro-krise_44810, veröffentlicht am 13.02.2014. Buch-Nr.: 44810 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken