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Roland Eckert

Die Dynamik der Radikalisierung. Über Konfliktregulierung, Demokratie und die Logik der Gewalt

Weinheim/Basel: Beltz Juventa 2012 (Edition Soziologie); 324 S.; 34,95 €; ISBN 978-3-7799-2254-4
Warum eskalieren manche Konflikte? Welche Rolle spielt Gewalt bei ihrer Chronifizierung und wie können Konflikte institutionell eingehegt werden? Diese für das Zusammenleben moderner Gesellschaften so entscheidenden Leitfragen versucht Eckert zu beantworten. Der emeritierte Jugend-, Konflikt- und Extremismusforscher befasst sich mit unregulierten politischen Konflikten nach dem Zweiten Weltkrieg. Das erste Kapitel fasst in Kurzform die Inhalte der folgenden Abschnitte zusammen. Zunächst setzt sich Eckert mit dem Potenzial von Rechtsstaat und Demokratie bei der Konflikteinhegung auseinander. Er konzentriert sich dabei auf Deutschland und zeichnet drei Phasen nach: die vom Korporatismus geprägte Zeit bis 1968, an die die Zeit der Bürgerbewegungen und ersten Partizipationen anschloss, sowie die Phase 1989 bis heute. Die folgenden Kapitel sind den Ideologien dieser Zeiten sowie den aus ihnen resultierenden Konflikten gewidmet. Eckert zeigt dabei neben Besonderheiten etwa bei der Fremdenfeindlichkeit und der Neuen Rechten auch Gemeinsamkeiten auf, beispielsweise zwischen dem Linksterrorismus der 1970er-Jahre und dem Erstarken des Dschihadismus seit den 1980er-Jahren. Die Konflikte zwischen Fremden und die Gefahr ihrer Verhärtung aufgrund fataler Selbst- und Fremdzuordnungen zu bestimmten kollektiven Identitäten sieht Eckert als wichtigste Herausforderung der modernen, globalisierten Gesellschaften. Diese Konflikte könnten nur dort überwunden werden, wo aus Fremdem Vertrautes werde. Wie dies konkret geschehen kann, darüber ist bereits viel geforscht, diskutiert und geschrieben worden, und es ist auch nicht der Anspruch des Autors, dem Neues hinzuzufügen. Die Stärke von Eckerts sehr gut geschriebenem Buch (obwohl manche Abschnitte Vortragsmanuskripte sind) liegt vielmehr in der kompakten Darstellung und der schlüssigen Argumentation. Er benennt alle wichtigen Aspekte und macht die großen Zusammenhänge sichtbar. Deutlich wird, wie leicht der erreichte Stand westeuropäischer Selbstzivilisierung wieder zu erschüttern ist, wenn die Konfliktlösungsmechanismen unserer Institutionen überfordert werden. Die Gewalterfahrung sei der zentrale Radikalisierungsmechanismus, so Eckert. Der mit der Radikalisierung einhergehenden Generalisierung von Menschengruppen zu Feindbildern lassen sich ihm zufolge nur Freiheit und Menschenrechte als universalistische Werte entgegensetzen. So endet seine Argumentation in der vielleicht etwas naiven Hoffnung auf ein Weltethos à la Küng, getragen von den zivilgesellschaftlichen Erfahrungen Einzelner.
Dirk Burmester (DB)
Dr., Politikwissenschaftler, wiss. Angestellter der Freien und Hansestadt Hamburg.
Rubrizierung: 2.2 | 2.22 | 2.331 | 2.25 | 2.35 | 2.37 Empfohlene Zitierweise: Dirk Burmester, Rezension zu: Roland Eckert: Die Dynamik der Radikalisierung. Weinheim/Basel: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35158-die-dynamik-der-radikalisierung_42330, veröffentlicht am 12.07.2012. Buch-Nr.: 42330 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken