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Michael Hüther

Die disziplinierte Freiheit. Eine neue Balance von Markt und Staat

Hamburg: Murmann 2011; 187 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-86774-130-9
In diesem ordnungspolitischen Plädoyer erklärt der Wirtschaftswissenschaftler Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, klipp und klar: „Die Zeit der Übelstandsnostalgie ist vorbei.“ (126) Mit der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise habe sich gezeigt, dass die „grundlegenden Zweifel an der Koordinationsleistung von Märkten jedweder Art [...] relativiert und am Ende neutralisiert werden“ (10) konnten. Dieser grundsätzlichen Freisprechung des Marktes steht eine kritische Sicht auf die Politik gegenüber. Die direkte Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise sei zwar eine große Leistung gewesen. Dennoch „fehlt in dieser Regierung wie insgesamt in der politischen Klasse eine sachliche Sicht darauf, was dauerhafte Staatsaufgaben [...] eigentlich sind“ (12). Von diesen Grundannahmen ausgehend entwickelt Hüther – leitend sei ein „rationaler Optimismus“ – ordnungspolitische Grundsatzerwägungen zu ausgewählten Fragen, „die sich für unsere Volkswirtschaft unter den Bedingungen tiefer werdender gesellschaftlicher Brüche, fortschreitenden technologischen Wandels, demografischer Verschiebungen und globalen Wettbewerbs stellen“ (19 f.) Nicht immer kommt Hüther dabei über politische Allgemeinplätze hinaus, etwa wenn er feststellt, dass es dem Wirtschaftswachstum förderlich sei, wenn den Menschen mehr Beschäftigungschancen gegeben werden und sie zugleich angehalten würden, diese zu nutzen. Insgesamt ist ihm aber eine informative Darstellung zum Beispiel der Bedeutung des Euro oder der verschiedenen Facetten des Phänomens der Unterschicht gelungen, deren politischen Implikationen aber vielleicht nicht jeder Leser teilen wird. Besonders aufschlussreich ist das Kapitel über die Bildungspolitik, in dem Hüther explizit beklagt, dass wir „in unerträglicher Weise Bildungsarmut“ (145) produziert haben. Konsequenterweise schlägt er eine Schulpflicht mit dem fünften Lebensjahr vor, bezogen auf die Ganztagsschule. Insgesamt wirft Hüther mit seinen Thesen die Frage auf, welche „Disziplinierung der Freiheit“ wir wollen – seine ausdrückliche Botschaft ist auf jeden Fall aber, dass wir „viel Anlass zur Zuversicht haben“ (184).
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.2 | 2.22 | 2.3 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Michael Hüther: Die disziplinierte Freiheit. Hamburg: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33760-die-disziplinierte-freiheit_40441, veröffentlicht am 23.06.2011. Buch-Nr.: 40441 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken